Liebe Nicht- oder Wenigleser, heute geht um wieder ums Lesen, aber
diesmal um die Menschen, die wenig oder keine Bücher lesen ... also um die
Nichtbücherwürmer.
Diese frevelhaften mit dem Klammerbeutel gepuderten Zeitgenossen, an denen die
klassische wertvolle Literatur vorbeigegangen ist. Wie bei mir z.B. ;).
Die Kommentare gestern waren reichlich, doch die Wort zu meinen Kommentaren über die Bücher waren
spärlich. Einige haben sich amüsiert, wahrscheinlich auch so Kulturbanausen
wie ich ;)). Aber der Guido hat es auf den Punkt gebracht, er schrieb:
"... nich böse sein, aber deine kommentare zu
Weltliteratur sind erschreckend ..."
Claire meint
"ps: engelbert, ich find dich wirklich toll, aber deine
kommentare zu den büchern sind ein graus!"
Aber immerhin hatten sie Groß- und Kleinschreibung *fg*.
Nee, ich bin nicht böse, im Gegenteil. Und ich finde auch Euch toll. Ich hab
sowas erwartet und danke Euch für den Mut, das zu sagen, was andere bestimmt
auch gedacht haben, aber sich nicht trauten, es zu schreiben.
Ja, ich bin ein unbelesener Mensch, aber kein unbeschriebenes Blatt.
Ja, ich dichte, ohne die großen Dichter und Denker gelesen zu haben.
Ich schreibe hier gerade schon wieder, ohne den Herrn Dollstoi zu kennen.
Wann begegnet man denn zum ersten Mal den Klassikern der Literatur ?
Meistens doch in der Schule und bei Interesse in der Bücherei.
Oder der Opa hat ein großes Bücherregal.
Ich hatte keinen Bücheropa, nur eine Arbeitermami.
Die hatte für's Lesen keine Zeit und Muße.
Bei uns lag die Tageszeitung auf dem Tisch und ab und zu die Frau mit dem Herz
oder das goldene Blatt daneben.
Die ersten Lesungen sind oft Zwangslesungen, der Lehrer sagt "heute lesen wir
blablabla"
und die Schüler machen "ööööhhmmm brummmel grummel*.
Und dann wird gelesen, was den Schüler bildet. Und ihn langweilt.
Nicht immer ist das so, es gibt bestimmt auch gute, anspruchsvolle und
zugleich kurzweilige Bücher,
die in der Schule gelesen werden.
Mir selbst ist außer dem Katechismus kein Buch in Erinnerung, das ich in der
Schule gelesen habe(n) musste.
Ich war allerdings nicht auf dem Schümnasium und auch nicht auf der
Realschule.
Nicht wegen Dummheit, sondern wegen Angst, aber das ist eine andere
Geschichte.
Ich war "nur" in der Volksschule und danach in der Handelsschule,
korrekterweise "zweijährige Berufsfachschule".
Dort gabs dann aber das verdammte Bussinessenglisch und keine russischen
verstorbenen Schreiberlinge.
Ich habe nie Goethe, Schiller, Lessing, Tolstoi gelesen. Und ich lebe
trotzdem.
Ich habe den Bohlen angefangen zu lesen (und dann hat sich das Buch irgendwo
verkrümelt),
ab und zu lese ich die Bildzeitung und bei der Tageszeitung lese ich lieber
die letzte "bunte" Seite.
Ich muss ein Mensch mit wenig Niveau und einem engen Horizont sein.
Mag durchaus sein, denn ich gebe zu, dass Lesen den Horizont erweitert. Denn
in jedem Buch lerne ich ja Menschen kennen. Mit jeder Zeile entstehen in
meinem Kopf Bilder, denen ich sonst nie begegnet wäre. Ein Buch erweitert das
Denkvermögen, gibt Impulse und lehrt einen. Ein Buch beflügelt die Phantasie
und das muss nicht auf triviale oder kitschige Weise passieren. Das ist
einfach wunderbar. Diese positiven Dinge sollten doch jedem widerfahren.
Doch vor jedem Ding stehen die technischen Möglichkeiten als Schranke. Nicht
jeder KANN Bücher lesen.
Man braucht dazu:
Augenlicht ... was bei allen, die diese Zeilen hier lesen, ja vorhanden
ist.
Interesse ... da wirds schon schwieriger. Interesse für anspruchsvolle
Literatur ist bei Jugendlichen ja nicht automatisch vorhanden. Aber es könnte
geweckt werden. Wenn sich denn diese Bücher angenehm lesen lassen. Vielleicht
gibt es ja ein paar solche, aber viele der alten Schinken sind doch sehr zäh
zu lesen.
Was machen wir nun mit denen, die "oooh wie langweilig" denken und dann sich
mit oder ohne Ausreden vom Buch entfernen. Da kannse nix machen, wenn du
jemand zu Höherem zwingst, dann wird noch weniger daraus. Nicht jeder hat den
Background einer lesenden Familie. Nicht jeder hat die Bildung um sich rum und
auch nicht jeder hat genügend eigene Intelligenz, um dem anspruchsvollen
geschriebenen Wort überhaupt folgen zu können. Und nun das Wichtigste:
Konzentration ... man muss sich konzentrieren können. Viele können das
gar nicht und wären die Augen noch die Zeilen entlang wandern, sind die
Gedanken schon auf der Wiese, im Wald oder an der Bar.
Als ADHS-Mensch hab ichs mit Lesen sowieso nicht. Bin ich unten auf der Seite,
weiß ich nicht mehr, was oben war. Schon längst gedanklich abgedriftet. Ich
kann im Prinzip nicht lesen, wegen mangelnder Konzentration ... lange
kleingeschriebene Texte gehen fast gar nicht. Am besten noch Kurzgeschichten,
aber sie müssen spannend sein, sie müssen es schaffen, mich gedanklich zu
fesseln.
Was ich in meinem Leben gelesen habe, ließe sich bequem aufzählen, wenn ich
denn die Bücher noch wüsste. Lange Zeit war ich Stammgast in der Bücherei. Ich
lieh mir die Bücher aus und brachte sie ungelesen wieder zurück. Als Dank
zahlte ich manchmal sogar Mahngebühr ;).
Bücher, die mir im Kopf hängen geblieben sind:
Telefonbuch: da habe ich oft drin gelesen, aber das zählt
wahrscheinlich nicht, ist auch recht wenig spannendes Buch
Konsalik, die Verdammten der Taiga: das war ein richtig spannendes
Buch, wo auf jeder Seite etwas Neues, Unvorhergesehes passierte. Das habe ich
geschafft, zu Ende zu lesen.
Heinz Körner, Johannes: das Buch ist sehr dünn und lässt sich leicht
lesen. Da ich mich in Teilen wieder erkannt habe, war das sogar faszinierend zu
lesen. Nur könnte ich jetzt nicht mehr sagen, um was es in dem Buch ging.
Perry Rhodan und Ren Dhark habe ich gelesen, den Ren habe ich
sogar verschlungen. Aber das waren ja Romane, die nicht bildeten, sondern
"nur" eine Fahrkarte in eine Traumwelt waren. Überhaupt habe ich am ehesten
Science Fiction gelesen. Diese Bücher entsprachen meinem Flüchten aus dieser
wertvollen, pflichtbewussten Schubladenwelt.
Eine Schublade heißt übrigens "hast du wertvolle Bücher gelesen ?".
Nachbemerkung: diese Zeilen sind keine Schelte an die Belesenen, sind kein
Freibrief für das Bildzeitungsniveau. Ich will einfach nur vermitteln, das
Lesen eine wunderbare horizonterweiternde Sache ist. Für den, der es gerne
tut, für den, der es tun kann.
Die, die nicht lesen wollen, die sogar (oh sodom und gomorrha) die Bildzeitung
lesen. Die das goldene Blatt abonniert haben und über die Witze in der
Bäckerzeitung herzhaft lachen können ... sind auch Menschen. Sie sind
unbelesene Menschen, aber sie machen die besten Kräuterwickel für verspannte
Lesenacken, bauen herrliche Bücherregale und servieren den besten Kaffee, den
es gibt. Da lacht der Leser, dass ihm so viel Gutes widerfährt :).
Es gibt vieles, das nicht weniger oder mehr wertvoll ist als Bücher. Wer den
ganzen Tag liest, hat keine Zeit, die Dinge zu tun, die der "Kulturbanause"
macht.
Wer nie liest, dem entgeht vieles. Aber er ist nicht zwangsläufig ein
oberflächlicher Mensch mit mangelnder geistiger Tiefe.
Leben und leben lassen, lesen und (nicht) lesen lassen.
Übrigens: wenn Ihr diesen Text bis hierher gelesen habt, dann wird er Euch
interessiert haben. Dann werden Eure Gedanken gerne meinen Worten gefolgt
sein. Nur dann kann man lesen, was vor einem liegt oder auf dem Monitor steht.
Was nicht interessant für die kleinen Männchen im Gehirn ist, wird auch nicht
gelesen, wenn doch, dann bitte schnell mit dieser Quälerei aufhören ;).
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Wer reitet so spät durch Wind und Nacht ?
Es ist der Vater. Es ist gleich acht.
Im Arm den Knaben er wohl hält,
er hält ihn warm, denn er ist erkält'.
Halb drei, halb fünf. Es wird schon hell.
Noch immer reitet der Vater schnell.
Erreicht den Hof mit Müh und Not -
der Knabe lebt, das Pferd ist tot!
[ Frei nach Johann Wolfgang von
Frankfurt von Heinz Erhardt ]
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PS: die erste Single von Bernd Clüver ist "nicht" der Junge mit der
Mundharmonika ;).
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Tageslink: die Buchtauschbörse,
kostet nix, nur Porto. Man tauscht eigene Bücher gegen neuen Lesestoff.
--
Klaus lässt eine ganze Woche Revue passieren (
mit Bildern :) -->
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Ich grüße heute
... erstmal sorry, dass ich vorgestern Kaltenkirchen am Main gegrüßt habe,
der Link aber zum Kaltenkirchen ganz im Norden führte. Beide Orte sollen sich
einfach gegrüßt fühlen :).
Die Stadt, die ich heute grüße, ist
Bad Laasphe im
Wittgensteiner Land :)).
Wunderkiste
Lichtblick
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