Es ist lange her ... 20 Jahre vielleicht ... da erblickten meine Augen
einen "Selbstfindungskurs" im örtlichen
Volkshochschul-Programm.
"Da muss ich hin" war mir sofort klar.
Denn ich selbst war für mich ein weißes Blatt.
Dort hingehen und erfahren, wer man ist und wie man ankommt.
Was denken die anderen von mir ?
Wer bin ich ?
Lasset mich finden.
--
Ich ging nicht einfach so dort hin ... sondern mit einem festen
Vorhaben.
Ja, genau ... ich werde dort
ruhig, zurückhaltend, weise
sein.
Werde
mit wenigen pointierten intelligenten Worten
brillieren.
Werde dann zum Schluss erfahren, welch
beliebter
und toller
Mensch ich bin.
Ein Traum, sag ich Euch.
Ein Traum, so zu sein.
Die Ruhe in Person zu sein.
Augen, die mir sprachlos leuchten.
--
Ich ging dort hin.
Setzte mich.
Die
Chance
meines Lebens, endlich mal ernst genommen zu werden.
Endlich mal so richtig Selbstwertgefühl zu bekommen.
Ja, irgendwie wollte ich mich gar nicht mehr finden, sondern schon sein.
Und dann so bleiben.
--
Der Kurs begann
--
Ich öffnete den Mund.
Mein Gehirn befahl "leise, ruhig,
erwachsen, weise".
Und schon ... war alles wie immer.
Ich redete.
Ich machte zu allem eine Bemerkung.
Ich redete auch mal dazwischen.
Ich sagte, was ich denke, auch wenn ich vorher gar nicht nachgedacht
habe.
Statt weise
--> Augenblicksworte der Zunge
Statt geduldig
--> vorlaut
Statt ernst
--> keine Pointe auslassen
Statt zurückhaltend
--> andere nicht zu Wort kommen lassen
Einen Tag später war dieser Wochenendkurs vorbei.
Ich hatte es geschafft, mehr als alle anderen zu reden.
Überall machte ich gerne mit, war spontan und genau das Gegenteil von
dem, wie ich sein wollte.
--
Nun, das Schafott der spannende Moment.
Zittern ... Hoffnung ... jeder bekommt nun das, was er verdient.
Was er erhofft.
Die Teilnehmer sagen, wie sie dich und mich empfunden haben.
Es war soweit ... ich werde jetzt die Wahrheit hören.
Seufz
Schnauf
--
Was nun passierte, habe ich lange nicht vergessen ... ja, ich weiß es
heute noch,
sonst könnte ich ja dieses Kalenderblatt nicht schreiben.
Die Hälfte der Teilnehmer meinte,
ich hätte zu
viel
geredet und sei zu
sehr im
Vordergrund gewesen.
Auweh
Die andere Hälfte fand es klasse,
dass ich so
spontan
war und keine Scheu hatte, meine Gedanken auszusprechen.
Summa summarum:
Bin ich laut
mag mich die eine Hälfte.
Bin ich leise,
mag mich die andere Hälfte.
Halt
Der letzte Satz muss in meinem Fall anders lauten:
Bin ich leise, mag mich meine Fassade die andere
Hälfte.
Denn ich bin nun mal nicht leise.
Darum gibt es nur eine Alternative: sei Du selbst.
Nur wenn ich so bin wie
ich bin
kann man auch MICH kennen lernen.
Wer so tut als ob, den werden Leute schätzen, die gar nichts von ihm
wissen.
Der wird Menschen an seiner Seite haben, die nur seine mühsam polierte
Seite kennen.
Hat er mal keine Kraft, sich auf Hochglanz zu polieren, dann fällt das
Kartenhaus ein.
Unter ihm begraben: alle Menschen, die nur den Schauspieler gekannt
haben.
Und dieser ... der Schauspieler, der Clown, der Kartenhausbauer.
Wird verdammt alleine sein.
Suchst Du
Menschen, die gerne an Deiner Seite sind und das auch bleiben ?
Dann zeige Dich, wie Du wirklich bist.
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