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26. Februar 2009


Eine Begegnung

Nicht mir begegnet, sondern Beate.

Kein besonderer Moment und ich war auch nicht dabei ... aber Beate war hin und weg von dieser alten Dame, die sie einfach beim gemeinsamen Warten an der Kasse angesprochen hatte. Beate hatte Katzenfutter aufs Band gelegt und da achtet sie sehr auf Vielfältigkeit, d.h. sie kauft ganz unterschiedliche Sorten.

Das ist Irmgard aufgefallen. Eine kleine, quirlige 79jährige Dame.

Die Beate dann, als sie ihren Einkaufswagen angekettet hat, angesprochen hat und sagte "sie müssen ihre Katzen aber sehr gerne haben ... weil sie so viele verschiedene Sorten Katzenfutter gekauft haben".

Sie hätte auch eine Katze (20 Jahre) gehabt, aber leider hat sie eingeschläfert werden müssen ... und ihr Mann wäre nun auch vor zwei Monaten nach über 50jähriger Ehe gestorben.  Er war trotz Kriegsverletzung und fehlendem Arm nie im Krankenhaus. Die letzten beiden Jahre musste er von Irmgard gepflegt werden.

Zuhause wäre sie ca. 3 km entfernt und sie wohnt immer noch im Elternhaus. Eine Familie, in der es seit Generationen "stimmt". Und so hat Irmgard nur positive Erinnerungen an Eltern und Großeltern.

Kinder hat sie auch, 4 Stück ... die jüngste Tochter wäre so alt wie Beate. Ein Tochter wohne in La Rochelle an der französischen Atlantikküste und eine in Dänemark. Immer wieder mal fährt sie dort hin, mittlerweile nicht mehr mit dem Auto, sondern mit dem Zug. Auto fährt sie aber dennoch, ihren alten Golf gibt sie nicht her, auch nicht gegen die Abwrackprämie. Den Führerschein hat sie erst mit 50 gemacht und auch erst in diesem Alter lernte sie gemeinsam mit ihrem Mann das Skibob-Fahren. Als sie das erzählte, begannen ihre Augen zu leuchten.

Die Kinder kümmern sich rührend um sie und laden sie ständig ein, in dem Gedanken, ihr damit etwas Gutes zu tun, weil sie ja nun alleine sei. Doch Irmgard sagt, dass man als Witwe sicher auch mal traurig ist und öfter mal weint, aber dann erinnere sie sich an die vielen schönen Momente und ihre Ärztin sagt ihr immer wieder, dass ihr Mann ohne die gute Pflege seiner Ehefrau lange nicht so alt geworden wäre.

Ab morgen wäre sie 3 Tage in München beim Enkel und sie lebt gerne und selbständig und verzagt keineswegs. Irmgard hat auch gar keine Zeit dafür.

Ein Kräuterweiblein sei sie und demnächst gehe sie wieder in den Wald. Sie wolle sich nach Bärlauch umschauen, aber es dürfte in diesem Jahr da nicht so gut aussehen, weil der Winter so kalt war. Sie kenne sich mit Kräutern sehr gut aus ... seit 40 Jahren macht sie Kräuterwanderungen mit und andere Naturwanderungen zu Pflanzen und Tieren auch. Sämtliche Mäuse und Wiesel kennt sie und wohnt ja auch am Waldrand.

Zwei Jahre lang konnte sie verschiedene Dinge nicht mehr machen, die Pflege ihres Mannes ging auch körperlich nicht spurlos an ihr und ihrer Schulter vorbei, doch nun sei wieder alles in Ordnung und demnächst wolle sie wieder (mit Absprache mit dem Förster) in den Wald gehen und Holz holen. Und wenns sein muss, dann nimmt sie auch ein Beil in die Hand.

Eine ganz große Enzyklopädie über Kräuter hätte sie im Regal stehen, war auf unzähligen Volkshochschulkursen und es wäre schade, dass es immer weniger Exkursionen gäbe, u.a. auch weil die Leute nicht mehr so früh aufstehen wollen und auch nicht so lange laufen. Lieber spät aufstehen und schnell in die Kneipe. Dabei gäbe es so viel zu entdecken ... sie kenne z.B. alle Orchideen unserer Gegend.

Man merkte es Irmgard an, wie froh sie war, mal wieder über all ihre Gedanken zu reden und weil Beate begeistert (sie hört älteren Menschen gerne zu) war, ließ sich Irmgard Adresse und Telefonnummer geben, vielleicht würde sie mal anrufen.

Ich weiß jetzt nicht, ob das passieren wird, das wird die Zukunft zeigen ... auf jeden Fall war es eine wunderbare spontane Begegnung ... mit einer genauso spontanen und netten alten Dame, die voller Elan und positiver Gedanken ist. Ja, manchmal, wenn sie erzählt hat, schloss sie ihre Augen, lächelte und erzählte dabei weiter.
 



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