Eines meiner Gedichte trägt den Titel "Lichtallergie"
Sehnsucht
nach dem Licht
Sehnsucht
dem Dunkel zu entfliehn
doch wenn ein
kleiner Sonnenstrahl
deinen Blick erhellt
spürst Du schmerzhaft
dass
Sonne in Deinem Leben
keinen Platz mehr hat
Dieses Gedicht hatte ich damals aus Anlass des Todes von Hannelore Kohl
geschrieben.
Vor einigen Tagen bekam ich eine Mail einer Besucherin, die sich durch
dieses Gedicht sehr angesprochen fühlte, weil sie selbst unter dieser
Krankheit leidet.
Ich habe Sylvie, 1961 geboren, verheiratet, 2 Kinder
gefragt, ob ich sie interviewen darf und sie hat, was mich sehr freut, ja
gesagt :)).
Das Interview:
Liebe Sylvie, Du freust Dich, dass der Sommer endlich vorbei ist, die
Tage kürzer und die Nächte länger werden ?
Ja, sicher freut mich das. Wenn man am Tag nicht raus darf, können die 24
Stunden sehr sehr lang sein.
Warum darfst Du am Tag nicht raus ?
Weil mein Körper, meine Haut hochgradig überempfindlich auf das Tageslicht
(UVA und UVB-Strahlen)
reagiert.
Wie heißt die Krankheit genau ?
Chronisch Aktinische Dermatitis (Lichtkrankheit)
Ist das dieselbe Krankheit, wie sie Hannelore Kohl auch hatte ?
Ja, das ist die gleiche Krankheit ... genau weiß man aber nicht, an
welcher Form von Lichtallergie die Gattin des Ex-Kanzlers Helmut Kohl
erkrankt war.
Experten vermuten, dass es die Chronische Aktinische Dermatitis war. Die
Stellungsnahme des Büro Kohls hat das jedoch nie bestätigt.
Wie bekommt man so eine Krankheit ?
Auslöser der Erkrankung sind in meisten Fällen Medikamente wie Antibiotika
oder Süßstoff, bestimte Substanzen in Kosmetika oder Pflanzen. Sagt man
... die Experten sind sich jedoch nicht einig darüber.
Wodurch die Lichtallergie bei mir ausgelöst worden ist, das weiß ich
nicht.
Wie hat das bei Dir begonnen mit der Lichtallergie ?
Es hat angefangen mit braunen Flecken am Gesicht und mit Pusteln und
Bläschen. Nicht nur bei Sonne, Tageslicht reicht dafür auch schon aus, um
einen heftigen Sonnenbrand hervorzurufen.
Was kann man dagegen tun ?
Was man dagegen tun kann? Hmm ... hauptsächlich das Tageslicht meiden, was
nicht immer so einfach ist, denn man muss ja schliesslich zum Arzt,
einkaufen, zur Arbeit fahren undundund.
Wenn ich unterwegs bin (nur wenn ich wirklich muss), dann immer
lichtschutzwirksame Kleidung mit langen Ärmeln und lange Hosenbeinen, egal
wie der Sommer ist. Auch bei 40 Grad in diesem Sommer war das für mich ein
MUSS. Immer Brille auf und ein Hut auf dem Kopf, um das Gesicht zu
schützen.
Sonnencreme mit dem höchsten Lichtschutzfaktor (60+) ist für mich das A
und O. Leider will meine Krankenkasse (BKK) die Kostenerstattung nicht
übernehmen.
Jedes Jahr muss ich im Herbst eine Light-Herdening (Lichtherapie) machen,
um den Schutzmechanismus der Haut zu verbessern und das Immunsystem zu
stärken.
Wie lebt man damit ?
... hmm ne ganz gute Frage!
Das Licht zum Feind haben, bedeutet einen mächtigen Gegner zu haben. Für
mich gibt es keinen Urlaub mehr, kein Grillen, kein Schwimmbad, keine
lange Spaziergänge-Inliner-Fahrrad, Schaufensterbummel, mit Freunden
treffen im Cafee ... wahrscheinlich nie wieder.
Im Haus muss eine Folie am Fenster sein (bin gerade beim bestellen). Eine
durchsichtige Folie, die die Strahlen im Licht, sowohl UVA als auch
UVB-Strahlen, von mir fernhält.
Ist die Nacht Dein Freund ?
O ja... ich liebe die Nacht! Ich kann dann mein "Gefängnis", das Haus,
verlassen.
Ist Dein Leben lebenswert ?
Bei der Frage muss ich an die "Mondscheinkinder" denken.
Die dürfen niemals ins Licht, da Sonnenstrahlen sie umbringen würden.
Ich war immer schon ein positiv eingestellter Mensch und konnte mich über
Kleinigkeiten freuen.
Das blieb auch so!
Am Anfang hatte ich keine Vorstellung davon, welche Auswirkung die
Diagnose auf mein/unser Leben haben, wie sehr es sich verändern würde.
Ich/wir begriffen nicht wirklich, was "Lichtkrankheit" bedeutete.
Ich habe schon gründlich überlegt, ob ich überhaupt den Kampf gegen die
Lichtallergie auf mich nehmen soll/will/möchte. Man darf aber die Hoffnung
nicht verlieren.
Was wäre ein Leben ohne Hoffnung und ohne Träume? Mein Traum, einmal
morgens aufwachen und nicht an die Haut denken müssen. Morgensonne auf der
Haut zu spüren, einfach das Haus verlassen und hinauszutreten in das warme
Licht!
All die alltäglichen Sachen machen dürfen! Das tun dürfen, was für andere
GANZ NORMAL ist
Wie ist Deine Wohnung beleuchtet ? Besondere Lampen ? Kerzen ?
Bis jetzt ganz normal ich bin mir aber dessen bewusst, daß sich das bald
ändern wird, denn die Krankheit bleibt nicht stehen, die wird immer
schlimmer. Ich bin auf alles vorbereitet!
Lichtallergie und Internet - ist die virtuelle Welt durch Bilder und
Kontakte ein Weg aus der Isolation ? Bist Du überhaupt isoliert ?
Internet ist für mich das Fenster zur Welt, dadurch das ich am Tage nicht
raus darf verbringe ich viel Zeit vorm PC.
Ich habe (Gott sei Dank) viele gute Freunde und eine groooooße Familie die
immer für mich da ist (und ich für sie) *grins*
Liebe Sylvia, ich danke Dir sehr herzlich für das Interview.
Tageslink: M. Hutter
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Kurze Info:
für alle, die es noch nicht wissen: "Otto", die Fortsetzungsgeschichte
gibt es ab
sofort immer samstags, also übermorgen :)).
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Desktopmotiv des Tages: Licht, das garantiert nicht wehtut (speziell für
Sylvia)
(Auflösung 1024x768 - wenn das Motiv
gefällt, bitte auf das kleine Vorschaubild klicken)
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Wunderkiste
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