Heute stelle ich die Pia und ihre herrliche Geschichte "Traum
und Wirklichkeit" vor.
Die Geschichte ist zwar ziemlich lang, aber das Lesen lohnt sich :).
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Ich heiße Pia, bin demnächst 34 Jahre jung,
verheiratet und lebe samt Familie
in einem bezaubernden Weindorf am Rhein. |
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Traum und Wirklichkeit
Rosa leuchten die verschneiten Weinberge in der Abenddämmerung, als die
Familie den letzten Schneeball wirft und einträchtig mit roten Nasen nach
Hause wandert.
Es ist der 24. Dezember.
Die Häuser, an denen sie vorbeikommen, sind festlich geschmückt. Kerzen in
den Fenstern, Tannengrün an Haustüren und Hoftoren. Es duftet nach
Bratäpfeln, Gänsebraten und Zimt.
Weihnachten, das Fest der Liebe.
Im Wohnzimmer der Familie glitzert und funkelt ein stolzer Weihnachtsbaum,
darunter warten liebevoll geschmückte Päckchen. Mit glänzenden Augen
stehen die Kinder der Familie in der Tür, "Das Christkind war da!",
flüstern sie aufgeregt.
Liebevoll streichelt die Mutter den drei Blondschöpfen über den Kopf,
bevor sie ein Weihnachtslied anstimmt, in das nach und nach drei
glockenklare Stimmen und ein brummelnder Bass einfallen.
"Seht nur, die Weihnachtskrippe!", flüstern die Kinder nach dem Lied und
der Vater liest die Weihnachtsgeschichte.
"Nun wollen wir sehen, was das Christkind uns gebracht hat!", rufen die
Kinder und die Eltern nicken lächelnd.
Sorgsam werden Schleifen aufgezogen und das Papier gefaltet. "Oh, seht
nur!" und "Wie schön!" jubeln die Kinder, während sich die Eltern
glückselig tief in die Augen sehen.
Dies ist der Punkt, an dem ich normalerweise aufwache. Oder der Punkt, an
dem im Werbespot endlich klar wird, für welches Produkt geworben wird.
Denn die Realität, ein ECHTES Weihnachtsfest, gestaltet sich völlig
anders. Bei uns jedenfalls.
Die Rahmenbedingungen bleiben: 24. Dezember, drei Kinder und Eltern, ein
Weihnachtsbaum Dazu kommen drei Katzen, eine Oma nebst Lebensgefährten und
die liebste Freundin. Und Regen, denn für Schnee ist es bei uns meist zu
mild. Noch ließe sich aus diesen Zutaten die perfekte Harmonie zaubern,
wenn ... ja wenn wir im Werbefernsehen lebten.
Beginnen wir mit dem Festmahl:
Acht Menschen haben sich am Tisch versammelt, drei dieser Menschen sind in
Bezug auf Nahrungsmittel äusserst unflexibel. Will heißen: isst keine Nudel
- schmeckt mir nicht. Es ist Weihnachten, die Eltern drücken ein paar
Augen zu und genehmigen Plätzchen als Hauptmahlzeit.
Zwei der Menschen haben Sozialpädagogik studiert, die liebste Freundin ist
noch ganz frisch und hochmotiviert, der Lebensgefährte hat vor 30 Jahren
ein paar Semester gehabt, hat aber aufgrund seines Alters, seiner Reife
und Abgeklärheit recht. Immer recht.
Und da sich drei Kinder am Tisch befinden, wendet sich das Gespräch immer
dem Thema Erziehung zu. Schließlich stecken zwei Sozialpädagogen in einem
Duell, das mit Liebe und Frieden nicht mehr viel gemein hat. Die Oma
versucht zu schlichten, indem sie den Nachtisch serviert. Der Nachtisch
schmeckt den Kindern nicht, die Mutter schickt die Kinder spielen und der
Vater blicket stumm auf dem ganzen Tisch herum.
Irgendwann fällt dann ein Weinglas um oder eine der Katzen klaut einen
Gänseknochen. Dies ist willkommener Anlass, um die Festtagstafel
aufzuheben und zu einem Verdauungsspaziergang aufzubrechen. Gilt es doch
auch die Zeit bis zur Dämmerung zu überbrücken, denn Dämmerung gleich
Bescherung.
Mutter und liebste Freundin beseitigen die Reste des Mahls, laden die
Spülmaschine und tauschen wehmütige Gedanken aus, an die Zeit, in der man
ungeduldig auf die Bescherung wartete, statt wir jeden Tag in der Küche zu
schuften.
Es regnet zuverlässig wie meist am 24. Dezember und so fällt der
Verdauungsspaziergang ausgesprochen kurz aus. Die Kinder stürzen
durchgefroren und hungrig in die Küche, streiten sich um den letzten
kalten Knödel und fragen umgehend nach dem Zeitpunkt der Bescherung.
Wiederholte Male, versteht sich.
Oma und Lebensgefährte benötigen zwecks Aufwärmen einen Kaffee und so
trifft man sich wieder an der Festtagstafel, deren Tischdecke deutliche
Spuren des Menüs ziert. Kerzen werden angezündet, Plätzchen in in eine
Schale gefüllt, Mandarinen- und Orangenschalen auf die Heizung gelegt.
Doch bevor so etwas wie Gemütlichkeit aufkommt, hechtet die Mutter durch
den Raum und entreisst dem schwarzen Kater die kostbare Weihnachtskugel,
die dieser lässig von einem der unteren Weihnachtsbaumzweige gekickt hat.
"Du Mistviech!", will sie sagen, schluckt das aber lieber, immerhin ist
Weihnachten. "Aber nein, du frecher Kater!", säuselt sie und wirft das
Mistviech samt einiger Vorstellungen über Gemütlichkeit zur Tür hinaus.
Wieder am Tisch entdeckt sie, dass sie ihre Vorliebe für eine bestimmte
Plätzchensorte mit einigen anderen teilt und leider zu spät gekommen ist.
Der Lebensgefährte und die liebste Freundin sind bereits wieder beim
Lieblingsthema angekommen, der beste Vater der Kinder diskutiert mit Oma
über schwer erziehbare Katzen und die Kinder fragen nach der Bescherung.
Der Zeitpunkt scheint günstig zu sein. Die Mutter bittet die Kinder in das
größte Kinderzimmer, delegiert das liebevolle Arrangieren der Päckchen an
Oma und den besten Vater ihrer Kinder, droht der liebsten Freundin mit
Aufkündigen der Freundschaft, falls diese nicht den Tisch abräumt, schickt
den Lebensgefährten zum Rauchen auf die Terrasse und schnappt sich das
Vorlesebuch.
Im Kinderzimmer wird es still, nur eine kleine Lampe leuchtet und die
Kinder lauschen der Geschichte, die sie seit vier Jahren immer zu
Bescherung vorgelesen bekommen. „Der Weihnachtsstern" Mittlerweile kennen
sie den Text recht gut, so dass sie mit Leichtigkeit ein Ohr opfern
können. Dieses Ohr befindet sich im Wohnzimmer, denn dort passieren die
wirklich spannenden Dinge. Da wird geschoben und gehoben, geknistert und
geraschelt. „Und damit wir uns immer an diesen schönen Tag erinnern,
bekommen heute noch die Kinder Geschenke, genau wie das....",
Ein Glöckchen klingelt.
"...Jesuskind damals.", ruft die Mutter den Kindern hinterher, die sich
bereits im Wohnzimmer befinden.
Der Lebensgefährte stimmt ein Weihnachstlied an, die Oma fällt zaghaft
ein. Bis beide sich auf eine Stimmlage geeinigt haben, haben der beste
Vater der Kinder und die Mutter bereits das Startsignal zum Auspacken
gegeben, genug glänzende Kinderaugen, genug Andacht.
Scheren zum Beseitigen hartnäckiger Schleifen werden gereicht, Fingernägel
und Zähne reißen das lästige Geschenkpapier weg, Gejubel und der eine oder
andere Meckerer ("Das ist MEIN Paket!") tönen durch den Raum. Höchstens
fünf Minuten dauert die Schlacht, dann weht Geschenkpapier durch das
Wohnzimmer.
Die Kinder haben sich geeinigt, wem welches Geschenk zugedacht war und
verschwinden mit ihren Schätzen in ihren Kinderzimmern.
Und hier treffen sich Traum und Wirklichkeit: Die Eltern sehen sich
glückselig in die Augen. Es ist geschafft.
Aus den Kinderzimmern dringt leises Murmeln. Ein Blick durch die
Schlüssellöcher? Bitte sehr:
Der Große hat sich den Lebensgefährten geschnappt und erklärt ihm die
lego-Bauanleitung.
Pssst, nicht stören!
Die Mittlere liegt mit der liebsten Freundin auf dem Bett und liest aus
dem neuem Buch vor.
Pssst, nicht stören!
Der Kleine fordert Oma zum Ritterduell.
Pssst, nicht stören!
Und die Eltern? Die setzen sich auf´s Sofa, trinken ein Schlückchen Wein
und sind mit sich und ihrem Leben zufrieden.
Pssst, nicht stören.
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Pia an Weihnachten im Alter von 22 Tagen bis 3 Jahren:
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- was ist für Dich
"Weihnachten" ? |
Was Weihnachten für mich ist lässt sich zwischen den Zeilen lesen: Hektik,
Stress und Familienknatsch. Kombiniert mit kurzen Glücksmomenten, die
deutlich schwerer wiegen als der Trubel :-) |
- dekorierst Du bereits
ab dem 1. Advent die Wohnung ? |
Zwangsläufig oft schon früher, da die hinreissenden Bestien in
Kindergarten und Schule eifrig basteln, um mich beschenken zu können. |
- Weihnachtsbaum ja oder
nein, und wenn ja, wie sieht er dann aus ? |
Weihnachtsbaum auf jeden Fall.
Klein bis winzig ist er, stets auf den letzten Drücker gekauft und deshalb
... Äh ... Individuell :-)
Geschmückt ist er immer mit
Lauschaer Eisglaskugeln und -amseln, dazwischen einige weiße Federn,
Strohsterne, Capizsterne und winzige goldene Kugeln. |
- schenkst Du und wirst
Du beschenkt ? |
Ja und ja. Ich beschenke die Kinder, meine liebste Freundin und die
Großeltern der Kinder.
Der beste Vater meiner Kinder und ich schenken uns nur dann etwas, wenn
uns etwas spontan für den anderen gefällt. Oder wenn ich subtile
Anmerkungen wie „Schau mal, genau DAS wäre das ideale Weihnachtsgeschenk
für dein holdes Weib" mache. Klappt nicht immer. |
- dein schönstes je
erhaltenes Weihnachtsgeschenk ? |
Ein Haus, bzw. einen ziemlich großen Teil davon. Aus dem Haus wurde ein
Daheim, was gibt es Schöneres?
Ansonsten fällt mir spontan Weihnachten 78 ein, das gab´s eine
Knickbein-Barbie und ich war sehr, sehr glücklich :-) |
- gibt ein typisches
Weihnachtsessen bei Euch ? |
Jein.
Gans/Pute, Knödel, Rotkraut gab es bisher am häufigsten. Dieses Jahr geht
der allgemeine Wunsch allerdings in Richtung Lasagne. |
- feierst Du alleine oder
im Kreis der Familie ? |
Im Kreis der Familie und mit Freunden. |
- welche
Weihnachtsbräuche gibt es bei Euch ? |
Bescherung erst, wenn es dunkel wird und seit vier Jahren lese ich vor der
Bescherung „Der Weihnachtsstern" vor. |
- gehst Du an Weihnachten
in die Kirche ? |
Nein. |
- ist Weihnachten bei Euch ein
friedliches Fest (ohne Stress und Streit) ? |
Nein, leider. Stress bleibt nicht aus, weil so viele Menschen
zusammenkommen. Streit bleibt nicht aus, weil so viele unterschiedliche
Menschen zusammenkommen. Und weil Kinder dabei sind :-) Streit mag ich
nicht, den Stress empfinde ich aber nicht als negativ. |
- Weihnachten und Schnee ? |
Gehört zusammen, definitiv. Aber ich wohne falsch. |
- bist Du schon mal über das
Weihnachtsfest im Urlaub gewesen ? |
Letztes Jahr haben wir uns am ersten Feiertag aus dem Staub gemacht, mit
vier weiteren Familien in den Ski-Urlaub. |
- an wen oder was denkst Du an
Weihnachten ? |
An meine Großeltern, insbesondere meine Oma, die meine Kinder nicht mehr
kennenlernen konnte. |
- Dein Lieblingsweihnachtslied ? |
Ich steh' an deiner Krippe hier
Ich steh' an deiner Krippe hier
O Jesu du mein Leben
Ich komme, bring und schenke dir
Was du mir hast gegeben
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn
Herz, Seel' und Mut, nimm alles hin
Und lass dir's wohlgefallen
Ich sehe dich mit Freuden an
Und kann mich nicht satt sehen
Und weil ich nun nichts weiter kann
Bleib ich anbetend stehen
O dass mein Sinn ein Abgrund wär
Und meine Seel ein weites Meer
Dass ich dich möchte fassen
Eins aber hoff ich wirst du mir
Mein Heiland, nicht versagen
Dass ich dich möge für und für
In meinem Herzen tragen
So lass mich doch dein Kripplein sein
Komm, komm und lege bei mir ein
Dich und all deine Freuden. |
- wie läuft die Bescherung ab ? |
Siehe Text oben :-) |
- Weihnachten und Konsumindustrie |
Ein schwieriges Thema. Drei Kinder wollen beschenkt sein, drei Kinder, die
alles haben, was sie brauchen. Und so gibt es stets ein größeres Geschenk
für alle drei zusammen (oder für die ganze Familie, z.B. Einen Urlaub),
etwas Nützliches (Kleidung) und zwei, drei Kleinigkeiten zum Spielen. |
- Weihnachten vor 5, 10,
20 etc. Jahren ? |
Weihnachten vor fünf Jahren:
Zum ersten Mal mit drei Kindern und abgeschlossener Familienplanung. Der
Kleine, noch kein Jahr alt, verspeiste das Geschenkpapier, die Mittlere
war im heftigsten Trotzalter und der Große meldete den brennenden
Adventskranz. Ein aufregendes Fest.
Weihnachten vor zehn Jahren:
Ein gedämpftes, trauriges Fest voller Wehmut, einen Monat vorher starb
meine Oma.
Weihnachten vor 15 Jahren:
Jung, los und ledig und wahrscheinlich voller Liebeskummer. Weihnachten
mit Mutter und Großeltern. Und die Feiertage mit den Freunden.
Weihnachten vor 20 Jahren:
Schwer pubertierend und somit mit allem Leid der Welt auf meinen
Schultern. Der erste Weihnachtsfeiertag wurde immer mit der Familie
väterlicherseits gefeiert und endete immer gleich: Man stritt sich über
Begebenheiten von vor zwanzig Jahren, der Bruder meines Vaters betrank
sich, die Schwestern zankten. Unangenehme Erinnerungen werden wach.
Weihnachten vor 25, 30, 34 Jahren:
Verschwinden in einem bunten Erinnerungsbrei. Schöne Geschenke, heiß
ersehnte Geschenke, garniert mit einer leisen Enttäuschung und vielen,
vielen Plätzchen.
Helle Erinnerung: Das Fischgulaschessen bei meinen Großeltern,
angefangen mit dem Schlachten des Karpfens (mit Opa zusammen) und endend
mit Verspeisen desselben (Opa reicht die leckersten Stückchen an das
einzige Enkelkind weiter). Und die Augen waren etwas Besonderes, denn
die Pupille ist ein weißes, kleines Kügelchen, das Glück für´s Jahr
bringt. Barbarische Bräuche :-)
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bitte vervollständigen: |
- Weihnachten ist für mich das Fest der ... |
... Zusammenseins mit Menschen, die mir wichtig sind. Das könnte also
jeder x-beliebige Tag sein :-) |
- ohne Weihnachten wäre das Leben .... |
... nicht so hübsch dekoriert |
- am heiligen Abend werde ich ... |
... sehr
satt und immer ein wenig sentimental. Was auch am sehr, sehr satt liegen
könnte. |
- vom Christkind wünsche ich mir ...
|
... eine Fortsetzung meines Lebens, so wie es sich die letzten 13 Jahre
gestaltete. |
Danke Dir sehr,
Pia, für Deine Worte und die Bilder :)).
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