Die heutige Geschichte ist zwar ziemlich lang, aber sehr lesenswert.
Der Heilige Abend findet nicht nur Zuhause im Kreis der Familie statt, sondern manchmal im Taxi.
Willkommen, Sylvie, im Adventskalender :).
 
 


Hallo, ich bin die Sylvie, 36 Jahre alt, ledig
und wohne in Bonn im schönen Rheinland.
 

 



Der heilige Taxiabend


Es liegt zwar schon einige Jahre zurück, aber dieser heilige Abend prägte sich dauerhaft in mein Gedächtnis ein.

Zu jener Zeit verdiente ich mein Geld noch als Taxifahrerin, normalerweise fuhr ich von 17 Uhr abends bis mindestens 2 Uhr morgens. Feiertage und solche Nächte, in denen andere Leute gewöhnlich feucht-fröhlich unterwegs sind, bedeuten für Taxifahrer meistens lukrative Einnahmequellen und somit war es nichts Besonderes, dass ich auch an Heilig Abend gearbeitet hab.

Von meiner Familie war eh keiner im Lande, warum sollte ich also allein zu Hause rumsitzen, wenn ich relativ schnell gutes Geld verdienen konnte? Zumal für diese Schicht Fahrer stets heiß begehrt waren.

An jenem 24. bekam ich unerwartet von meinem Chef den Auftrag, eine seiner Stammkundinnen abzuholen und von Bonn nach Remscheid zu fahren. Dort wollte sie das Fest bei ihrem Sohn verbringen.

Die Dame sei ein wenig speziell, wenn man sie jedoch entsprechend zu nehmen wisse, so ließ er mich wissen, sei sie ausgesprochen liebenswürdig und großzügig obendrein. Sie lege viel Wert auf Höflichkeit und Hilfsbereitschaft und sei eine Dame der alten Schule – was aufgrund ihres höheren Alters naheliegend war. Trotz ihrer 89 Jahre war die gute Frau Pauer (Nomen est Omen) ausgesprochen agil und geistig absolut auf der Höhe.

Zuerst war sie zwar offensichtlich etwas enttäuscht darüber, dass nicht ihr geliebter Fahrer zur Verfügung stand, aber wir "gewöhnten" uns doch recht schnell aneinander. Nachdem ihr Gepäck und sie selber im Wagen ihren Platz gefunden hatten, konnte die Reise beginnen.

Nicht ahnend, zu was für einer abenteuerlichen Fahrt sie noch werden sollte.

Denn bislang war es entsprechend der Jahreszeit zwar kalt, aber es hatte sich in unserer Gegend kein Schneeflöckchen am Himmel blicken lassen. Es war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht absehbar, wie schnell sich das ändern würde. Kurz hinter Köln verkündete der Radiomoderator eine herannahende Schlechtwetterfront und mit Ankunft dieser, heftige Schneefälle im gesamten Rheinland.

Ich versuchte meinen Fahrgast zu beruhigen, da ich mir angesichts der relativ kurzen Strecke von 70 km keine großen Sorgen machte, dass wir davon betroffen sein würden. Nun ja – dachte ich bis zu diesem Moment tatsächlich.

Leider brachten mich die ersten dicken Schneeflocken doch recht bald selber ans Zweifeln. Und mit jedem Kilometer ein wenig mehr. Denn was da vom Himmel kam, dürfte zwar das Herz eines jeden Kindes zum Jubeln gebracht haben – für einen Autofahrer war es der Albtraum schlechthin.

Die Tatsache, dass mein Chef den Wagen noch nicht mit Winterreifen auf solche Wetterbedingungen umgerüstet hatte ("Ach – wann schneit es bei uns schon mal – ist doch total überflüssig."), ließ die Fahrt zusehends zur Rutschpartie werden.

Ich musste mein Tempo deutlich verringern, aber damit war ich nicht allein. Im Handumdrehen fanden wir uns in einer schier endlosen Kolonne von Autos wieder und jeder einzelne Kilometer zog sich unendlich lang hin.

Für diese Strecke hätte ich – bei normalen Bedingungen – kaum mehr als eine 45 Minuten benötigt. Eigentlich hatten wir ja noch richtig Glück, denn ein Schild kündete uns an, dass es bis Remscheid "nur noch 8 km" seien.

Ich bemerkte, dass meine Mitfahrerin zunehmend unruhiger wurde und nach mehrmaligem Nachfragen, platzte Sie endlich mit den Worten heraus: "Liebchen – ich muss mal."

Auch das noch – dachte ich bei mir!!

Wie in Gottes Namen sollte ich es möglich machen, mitten auf der Autobahn, im heftigsten Schneegestöber, eine Toilette herbeizuzaubern. Ich hoffte inständig, dass sie nicht an Inkontinenz leiden möge und flehte sie an, doch noch die wenigen Kilometer notgedrungen einzuhalten.

Zu diesem Zeitpunkt ahnte allerdings auch noch niemand, dass wir noch weitere 3 Stunden brauchen würden, um endlich ans Ziel zu gelangen!

Nun – wie durch ein Wunder schaffte sie es tatsächlich einzuhalten. Als wir beim Anwesen ihres Sohnes eintrafen, waren wir allerdings beide mit den Nerven so ziemlich am Ende.

So kam es wohl auch dazu, dass ich, nicht lange zögernd, die sehr steile Zufahrt hinunterfuhr. Schließlich wollte ich ihr eine Rutschpartie zu Fuß nun wirklich nicht auch noch zumuten. Wir waren erstmal froh, dass wir überhaupt angekommen waren.

Der zwischenzeitlich ziemlich besorgte Rest der Familie war zwar durch meinen Chef mittlerweile über unsere Verspätung informiert worden, dennoch waren alle sichtlich erleichtert, uns wohlbehalten in Empfang nehmen zu können. Ich parkte also erstmal das Taxi und nahm gern die Einladung an, erstmal einen Moment dort auszuruhen und etwas zu Essen und zu Trinken.

Unterdessen schneite es unvermindert heftig weiter.

Nun – ich fühlte mich dennoch ein klein wenig als Störenfried – schließlich war die gesamte Familie mittlerweile um den festlich gedeckten Tisch versammelt. Und so verabschiedete ich mich schon bald wieder, in der Hoffnung den Heimweg noch einigermaßen gefahrlos meistern zu können.

Ich setzte mich hinters Steuer und wollte losfahren – als ich mit Schrecken bemerkte, dass die Sommerreifen und die furchtbar steile Auffahrt einfach nicht kompatibel waren. Was ich auch versuchte – ich hatte nicht die geringste Chance auch nur einen Meter davon bewältigt zu bekommen.

Meine vergeblichen Anstrengungen waren unterdessen dem Hausherren nicht verborgen geblieben. Glücklicherweise war der Herr praktisch veranlagt und per Abschleppseil und dem Allradantrieb seines Jeeps, schafften wir es schließlich, den Wagen die Steigung hinauf zu befördern. Ich bedankte mich vielmals für seine Hilfe und war guter Dinge, dass damit das Schlimmste hinter mir lag.

Weit gefehlt, wie ich alsbald feststellen musste. Aber die Straßenverhältnisse waren schlicht gesagt katastrophal! Allmählich mit meinen Nerven und Kräften am Ende, hielt ich bei der nächsten Möglichkeit am Straßenrand an und rief erstmal meinen Chef an, um mich über seine verantwortungslose Nachlässigkeit zu beschweren. Sein guter Rat, der daraufhin folgte, war allerdings nicht sehr tröstlich für mich:

"Nun ja – das ist wohl wirklich etwas zu gefährlich mit diesen Reifen weiterzufahren – nimm dir doch ein Hotelzimmer dort und fahr halt morgen zurück."

Na – danke sehr! Das war so ziemlich das Letzte, was mir in den Sinn gekommen wäre! Heilig Abend mutterseelenallein in einem Hotelzimmer zu sitzen – niemals! Ich wollte zurück – ganz egal wie. Ich brauchte zwar einen Moment um mich wieder zu fangen, aber dann antwortete ich ihm wild entschlossen:

"Du wirst schon sehen – auch wenn es die ganze Nacht dauert – ich komme zurück nach Bonn!"

Der Weg bis zur Autobahn war dabei noch der schwierigste Teil. Zumal ich dank eines "netten" Kollegen, der mich rücksichtslos von der Straße drängte, fast noch im Straßengraben gelandet wäre.

Aber aufgrund meiner ganz passablen Fahrkünste schaffte ich es schließlich doch noch bis zur Autobahnauffahrt zu kommen. Dort hatten die Streufahrzeuge mittlerweile ihren Dienst ausgeführt und somit schaffte ich die Rückfahrt sogar richtig schnell – nach ca. 2 Stunden erschien mir das Ausfahrtsschild "Bonn" und ich war endlich wieder daheim.

Zwar fix und fertig – aber wohlbehalten und ohne eine einzige Delle im Wagen zu haben.

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Sylvie 1975:


 

- was ist für Dich "Weihnachten" ?
in erster Linie Konsumterror und erzwungene Harmonie
- dekorierst Du bereits ab dem 1. Advent die Wohnung ?
bei mir brennen das ganze Jahr über Lichterketten. Spezielle Weihnachtsdeko kommt eher aus einer spontanen Laune heraus. Als ich noch einen Garten hatte, hab ich sogar mal den Adventskranz komplett selbst gemacht.
- Weihnachtsbaum ja oder nein, und wenn ja, wie sieht er dann aus ?

Nein, ich finde es grausam Bäume nur für diesen Zweck und die kurze Zeit zu fällen

- schenkst Du und wirst Du beschenkt ?
Ich schenke nichts und möchte auch nicht beschenkt werden. Ich finde es sehr verkrampft, wenn man etwas schenken "muss". Wenn es von Herzen kommt, ist es ok.
- dein schönstes je erhaltenes Weihnachtsgeschenk ?
24 Grad im Schatten – Weihnachten auf Mallorca (das hab ich mir selbst geschenkt)
- gibt es ein typisches Weihnachtsessen bei Euch ?
Hauptsache lecker, egal was.
- feierst Du alleine oder im Kreis der Familie ?
Wenn jemand von der Familie da ist, komm ich nicht drum herum, mich dort mal blicken zu lassen. Später am Abend gibt es dann mit Freunden noch ein traditionelles Stelldichein im Stammlokal.
- welche Weihnachtsbräuche gibt es bei Euch ?
da fällt mir so spontan nix zu ein
- gehst Du an Weihnachten in die Kirche ?
Nein, nicht mehr. Früher hab ich im Chor Flöte gespielt, ist aber schon sehr lange her.
- ist Weihnachten bei Euch ein friedliches Fest (ohne Stress und Streit) ?
vorzugsweise
- Weihnachten und Schnee ?

nun ja – im Grunde sehr gern – kommt auf die Umstände an *lächel*

- bist Du schon mal über das Weihnachtsfest im Urlaub gewesen ?
Nach Möglichkeit immer – s.o.
- an wen oder was denkst Du an Weihnachten ?
Es bleibt nicht aus, dass ich schon mal an Jesus denke
- Dein Lieblingsweihnachtslied ?
Stille Nacht, heilige Nacht
- wie läuft die Bescherung ab ?
wie gesagt – gibt es bei uns nicht
- Weihnachten und Konsumindustrie ?
gruselig – insbesondere, wie früh der "Terror" bereits anfängt
- Weihnachten vor 5, 10, 20 etc. Jahren ?
vor 10 Jahren: arbeitsreich
vor 15 Jahren: Party im Kreise guter Freunde
vor 20 Jahren: zum ersten Mal vollkommen betrunken – hab alles verpasst
bitte vervollständigen:
- Weihnachten ist für mich das Fest der ...
... Familienstreitigkeiten, Heucheleien und Geschenken, die nicht von Herzen kommen – obwohl sie es vielleicht grad an diesem Tag besonders sein sollten…
- ohne Weihnachten wäre das Leben ....
... immer noch das Leben, es gäbe zwei freie Tage weniger
- am heiligen Abend werde ich ...
... das weiß ich, wenn es soweit ist
- vom Christkind wünsche ich mir ...
... dass meine beste Freundin bald wieder nach Hause kommen darf.
Danke sehr, Sylvie, für Deine Worte und die Bilder :)).