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20. August 2008


Mit dem Fahrrad nach Peking (10)

Die Seelenfarben-Sommerreise 2008


Immer wieder gibt es Fragen ... weil wir Nichtpekingfahrer so gar keine Ahnung haben, wie das so ist, 9000 Kilometer nach wilden Osten zu radeln. Wie schön, dass es immer wieder Antworten auf die Fragen gibt :)).

Ihr schiebt ein Rad 4 Kilometer den Berg hoch ... das dauert wie lang ?
Die Dauer hängt von der Steigung und vom Straßenzusatand ab ... und auch, wie breit die Straße ist.
An dem besagten Berg hatten wie ca. eine 3/4 Stunde zu schieben ... es war aber morgens ... und somit noch nicht so heiß!

Die Straße wird besser ... Straße ... gab es eigentlich auch Fahrradwege in Russland ?
Ja, der Straßenzustand war sehr unterschiedlich. Wenn wir eine Straße als schlecht bezeichnet hatten ... dann war sie für unsere Verhälnisse sehr schlecht! Es gab aber auch immer wieder gute Abschnitte ... und an vielen Stellen waren die Bauarbeiter zugange. Es wurde also auch etwas getan.

Eine Leserin schrieb zurecht, daß es sicher sehr schwierig sei, in einem so riesigen Land, die Straßen allgemein in einem guten Zusatnd zu halten, zumal auch die Winter mit dem Frost ganz anders sind.
Radwege gab es keine!!!

Hattet Ihr ein Handy für Notfälle dabei ?
Nein, die Handy's hatten wir bewusst zu Hause gelassen, weil wir nicht wussten, ob wir sie in Russland (und in den anderen Ländern auch) frei benutzen durften. Wir hätten sie aber auch nie gebraucht ... und wollten auch nicht alle Nase lang angerufen werden!

Musstest Du, Hermes, etwas langsamer fahren, als Du hättest können, weil Deine Mitfahrerin die langsamere Radfahrerin war ?
Nein, wir hatten uns schon angepasst. Ich bin manchen Berg hinaufgefahren, den meine Partnerin geschoben hatte, aber oben habe ich immer gewartet. Anfangs wollte ich ihr beim Hochschieben behilflich sein, das wollte sie aber nicht ... sie wollte die Strecke allein "bezwingen"! Mitunter fuhren wir auch 200-300 Meter auseinander ... jeder hatte sein eigenes Tempo...aber an der nächsten Abbiegung oder Kreuzung wurde gewartet. Oftmal fuhr meine Partnerin auch vor mir ... grundsätzlich hatte ich aber die Karte vor mir!!!

Wie lästig ist so viel Gepäck am Rad ? Oder ist das nur am Anfang beschwerlich und irgendwann weiß man das gar nicht mehr anders und es ist "normal" ?
Ja, anfangs war es mit dem schweren Gepäck gewöhnungsbedürftig ... später war es ganz normal.

Wie war das denn eigentlich, als Du irgendwann nach der Reise mal wieder Rad gefahren bist ... ganz ohne Gepäck ... war das dann nicht ein "Wunder des leichten Radfahrens" ?
Als wir irgendwann mal wieder mit dem leeren Fahrrad fuhren, eierten wir ganz schön herum, da wir es nicht mehr gewohnt waren, "leer" zu fahren.

Hast Du vom Fernsehteam je wieder etwas gehört in Form einer DVD oder so ??
Ja, das Fernsehteam hat uns an unseren Freund (Homepageverwalter) einen Ausschnitt gesendet, der für ca. 20 Sek. auf einer Homepage zu sehen war ... das geht jetzt aber nicht mehr. Als sie uns nach dem Cafe mit dem Auto überholten, filmten sie uns aus dem fahrenden Auto heraus!



19. Mai 2005
 
eben noch: die vollbeladenen Räder 4 Kilometer den Berg hoch schieben ... und nun ...


... machen wir erst mal Pause. Schweißgebadet. Tropf.

Als wir wieder rollen, tun wir das trocken und fröhlich .. und der Wolga entgegen. Das ist der längste und wasserreichste Fluß in ganz Europa ... wie schön, dass wir ihn persönlich begrüßen dürfen :)).

Ein gigantischer Fluss ... riesengroß ... ab und zu ein paar Inseln in seiner Mitte.

Da vorne ...

... ist ein Schild.

Auf dem Schild steht schon der Name Ekatarinenburg drauf ... unser nächstes großes Ziel nach Kasan. Wie schön ... dass wir jetzt schon den Namen lesen dürfen, dann kann es ja nicht mehr allzuweit ... upps ... sein ... denken wir ... doch manchmal kommen Namen schon dann,



wenn noch lange kein Schall oder Rauch in Sicht sind. Denn das Schild ist zwar schon da, aber es sind noch über 1000 Kilometer bis dorthin ... darum schauen wir lieber "nicht" mehr auf das Schild, sondern zum Horizont, denn dort tauchen schon die ersten Schemen unser nächsten Zieles auf. Die Stadt Kasan ist wirklich schon in Sichtweite.

Und wir dürfen schnell über die Straße fahren, weil wir auf einer Schnellstraße fahren dürfen.
Kleines deutsches Wortspiel mitten in Russland ;)).


Der Kreml steht in Moskau ?
Ja ... auch.
Denn Kreml ist ja nicht die Bezeichnung für dieses eine Gebäude, sondern so heißt allgemein die Zitadelle, die das Zentrum der alten russischen Städte bildet. Einen solchen Kreml hat Kasan auch und wir sehen ihn auf der Fahrt in die Stadt in der Abendsonne leuchten:



Schönes Russland ... und es hätte ein wunderschöner Abend werden können.

Doch ... pfffffffftttttttt ... Hermes Mitfahrerin fährt sich ein Prachtstück von Nagel in den Hinterreifen. Das heißt reparieren ... zwei Flicken braucht es, um das Loch zu schließen. Mittlerweile ist es 20 Uhr und die Reparatur hat einige Zuschauer angelockt. Wir reparieren zwar alleine, sind es aber nicht.

Und so bietet auch ein Mann dem Hermes an, bei sich zu Hause die Hände zu waschen. Wie nett.
Ebenso nannte der Mann ein preiswertes Hotel ... wie nett.
Das Hotel ist ausgebucht ... wie unnett.

Also müssen wir etwas teurer übernachten, im Hotel Tatarstan.

Was passiert als erstes im Hotel ?
Richtig ... ausgiebige Dusche ... wasserfallartige Reinigung.

Und danach ?

Da wurde es dann wirklich ein wunderschöner Abend ... so eine Art "Heimatabend" ... mit Ochensfetzensalat nach Tataren Art ... und mit ... Franziskaner Weissbier ... es ist der Wahnsinn ... hollaräduljö.


20. Mai 2005
 
Aus den Reisenotizen von Hermes:

- die Straßen sind gefährlich, manchmal haben die Gullys keine Deckel oder liegen 20-30 Zentimeter tiefer als der Rest der Strasse.

- es ist unglaublich schwierig, Ansichtskarten zu finden.

- wir machen einen Ruhetag.

Wir schauen uns den Kreml an, die Moschee ist leider wegen Bauarbeiten geschlossen. Denn Kasan ist am Renovieren und Aufhübschen ... bald ist die 1000-Jahr-Feier.

Es ist ein heißer Tag, abends um 22 Uhr ist es immer noch 24 Grad.
Und es ist immer noch wunderschön hier ... bei Panflötenmusik trinken wir ein gemütliches Bier.







Wir fühlen uns wie Zuhause ... nicht nur wegen des Weissbieres, sondern ...



... wegen diesen 6 Buchstaben:



Da reisst man nach Tatarstan und kriegt dort dasselbe Eis wie bei uns *gg*.

Aber ist ja in Mallorca nicht anders.
Oder in New York.
Die großen Firmen sind ja Weltbürger.


21. Mai 2005
 
Schwitz.
Es ist schwül, als wir Kasan verlassen.
Dann auch noch die Berge ... wir schwitzen fürchterlich.

Tja ... Berge ... dieses Wort wird uns möglicherweise auch noch weiter begleiten. Schließlich fahren wir Richtung Ural. Dort liegt Jekaterinburg.

Oder sollen wir nach Sverdlovsk fahren ?
Das ist egal, das ist das Gleiche ... denn Sverdlovsk ist der alte Name und Jekaterinburg sagt man seit dem Jahre 1992.

Kasan hatte 1.000.000 (eine Million) Einwohner ... hätte ich gar nicht gedacht, dass das eine so große Stadt ist. Und Jekaterinburg ? Hat ca. 1,4 Millionen und ist die viertgrößte Stadt Russlands.

Also ganz große Stadt. Und noch sehr weit entfernt ... viele Tagesreisen, viele Kilometer.

Wenn wir mal dort sind ... sind wir auch in Asien !!!

Auf zum anderen Kontinent.

Auch wenn das heute viel Schweiß kostet ... bei jeder Möglichkeit, wo es etwas zu trinken gab, halten wir an, um zu trinken.

Doch dann ... kommt im wahrsten Sinne des Wortes eine Durststrecke ... unsere Wasservorräte sind aufgebraucht und wir müssen nun mit trockenen Kehlen auf trockenen Straßen radeln.

Wie in der Wüste.
Hören wir schon Beduinenklänge oder ist das nur die Sehnsucht nach Wasser ?

Sehen wir eine Fata Morgana ... oder ist das wirklich ein Rasthaus ?

Es ist wirklich ein Rasthaus ... 40 Kilometer mussten wir ohne einen Tropfen radeln und nun endlich werden wir vor dem Verdursten gerettet. Ja, wirklich, Durst ist schlimmer als Heimweh.

Als kleiner, sehr netter Ausgleich, finden wir einen wunderwunderschönen Zeltplatz mitten in einem kühlen Birkenhain ...


22. Mai 2005
 
... der am folgenden Morgen so aussieht:



Ein Traum.

Behalten wir bitte an diesem Tag den Birkenhain gut in Erinnerung, denn das hilft ... gegen die Tatsache, dass wir heute überwiegend durch nicht bewaldetes Gebiet fahren ... und das bergauf, bergab, bergauf, bergab. Ab und zu sehen wir einen kleinen lieblichen Fluss ...

... auch mal einen Schwalbenschwanz ...



... und irgendwann einen Markt mit lauter Fischbuden. Dort machen wir Pause und sind sofort der Mittelpunkt einer neugierigen Menschenmenge.

Durst, Hunger ... bitte Lebensmittelgeschäft !!
Keins da, keins zu finden ... und nun ?

Hermes ist schlau ... er denkt an den Durst, der zu löschen ist und geht zur Feuerwehr dieses kleinen Dörfchens, die ja für Löscharbeiten zuständig ist.

Was passiert nun ?

Ehe Hermes sich versieht, sitzt er im Mannschaftswagen, der nun in abenteuerlicher Fahrt zum Magazin des Dörfchens fährt.

Bitte ein Brot !
Keins mehr da !

Und nun ?

Fährt kurzerhand der Feuerwehrmann mit Hermes zu sich nach Haus und schenkt uns ein halbes Brot und einen Stockfisch. Wieder eine dieser unendlich schönen Gesten.

Das war aber noch nicht alles ... es gab noch Tee und Kekse bei der Feuerwehr.
Und noch Tee zum Mitnehmen kriegen wir geschenkt.
Wie wunderbar gastfreundlich :)).


23. Mai 2005
 
Und nun zum Wetter:

morgens leichter Regen
danach schwüle Sonne
und das alles garniert mit steilen Anstiegen

Da weiß man, was man hat ... da übt man schon mal für die Bergetappen der Tour de France.

Abends sind wir wieder die Attraktion eines kleinen Dorfes, als wir nach dem Einkaufen unsere Wasservorräte am Dorfbrunnen auffüllten.


24. Mai 2005
 
Was sind wir doch so heldenhaft blöd !!!

An einem Tag, an dem die Sonne gnadenlos vom Himmel brennt, bietet uns an einem Rasthaus ein Busfahrer an, uns bis hinter den Ural (dieses Gebirge da, das noch vor uns liegt) mitzunehmen.

Und wir ?
Wir lehnen dankend ab ... na danke !!

Blöder gehts nicht ... denn kurze Zeit später


                             
   ... nimmt das Grauen seinen Lauf !!
 



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