heute:

Strandsteine

wenn der Notarzt lacht


Strandsteine erzählt:

Mein Weihnachten vor Jahren ...

Vor Jahren durfte ich noch arbeiten, und hatte ich den Tag vor Heilig Abend und die anschließenden Tage frei. So wollte ich in Ruhe alles nötige erledigen.

Beim Treppen wischen war ich über meine Kurzatmigkeit sehr überrascht. Auf der halben Länge der Treppe musste ich doch eine Pause einlegen und war dabei doch in meinen Gedanken sehr froh, meine arbeitsfreien Tage zu haben. Da mein Mann zu der Zeit geschäftlich in Spanien war und leider durch einen unerwartenden Umstand erst kurz vor dem Jahreswechsel zu hause sein konnte, brauchte ich keine Kompromisse machen (zwinker) und wollte in meinem Hobby schwelgen ... lesen ... lesen ... das Internet hatten wir damals noch nicht ... lach ... wie konnte ich nur ohne PC leben ? ... lach ...

Abends beim Waschen bemerkte ich sonderbare Flecken am Hals und auf der Brust. Mein erster Gedanke ... auweia ... da hast du dir schon wieder eine Allergie eingefangen ...

Mein erster Blick am nächsten Morgen ... mit verknautschten Gesicht in den Spiegel ... ohhjeee ... die Flecken waren über Nacht mehr geworden ... im Nacken .. usw. ... sie verteilten sich bald am ganzen Körper.

Am diesen Morgen des Heiligen Abend war nach dem nächtlichen Schneefall draußen alles weiß. So machte ich mich ans Schnee schippen., um einen Weg zur Straße frei zu schaufeln ... aber nicht lange ... mir ging einfach die Puste aus ... so legte ich die Schaufel wieder aus der Hand. Da ich mich wirklich nicht gut fühlte, habe ich mich doch zu einem Anruf beim ärztlichen Notdienst entschlossen,
wo ich dann gegen Mittag hin kommen konnte ...

Der diensthabende Arzt hatte seine Praxis in einem Nachbarort ... und kannte mich schon flüchtig ... er betrachtete die Flecken ... und fing fürchterlich an zu lachen ... ... auf meine erstaunte Frage, warum er denn so lacht ... was seinen Heiterkeitsausbruch verursacht ... war seine lachende Antwort ... "ich hätte nie erwartet, dass sie noch soooooo jung sind ... denn sie haben eine Kinderkrankheit ... die Windpocken ... im jugendlichen Alter von 45 Jahren.

Na ... da habe ich erstmal geschluckt ... und staunend "das gibt es doch nicht" gesagt ... und "sie müssen sich irren, ist doch bestimmt nur eine Allergie" ... aber er wollte sich nicht umstimmen lassen ... er versorgte mich mit einem Rezept für ein Pulver ... womit ich die offenen Stellen behandeln sollte.

Diese Windpocken weiteten sich recht großzügig aus ... unter dem Motto ... wo ist noch eine freie Stelle ...

So verbrachte ich die Weihnachtstage in aller Ruhe und allein ... wegen der Ansteckungsgefahr ... ich vergrub mich mit Hingabe in meine Bücher, die schon lange auf mich gewartet hatten. Dazu hörte ich viel Radio (unseren Hausfrauensender, NDR1 ) und manchmal stellte ich auch das Fernsehen an. Ich hatte mich aber nie einsam und verlassen gefühlt, da ich mich hier in "unserer Höhle" sehr wohl fühle. Und durch die Versenkung in meine lang vermissten Bücher kam mir die Zeit alleine nie unendlich lange vor.

Mein Mann war nach seiner Rückkehr doch ziemlich betrübt, wie mich die Windpocken zu gerichtet hatten. Aber zu unserer großen Freude habe ich ihn nicht mehr angesteckt. Welch eine Glück.

Das war mal mein Weihnachten ... allein ... zu Hause ... krank ... und doch geborgen.

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