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19. Juli 2009


Das macht man ja normalerweise nicht,
die Leser über Krankheiten von jemand spekulieren lassen.

Aber das habe ich ganz bewusst so gemacht ... doch jetzt im Moment,
wo ich diese Zeilen schreibe, habe ich natürlich keine Ahnung,
ob und was Ihr kommentiert habt.

Ich gehe mal davon aus, "dass" Kommentare da sind
und spekuliere, dass sie zwischen Krebs, Depressionen und Unfall liegen.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ein Wort nicht gefallen ist.
Weil man diese Krankheit immer so schön ausgrenzt.
Weil sie zu den Krankheiten gehört, über die man nicht redet.

..

Kleine Rückblende ... Seelenfarbentreffen 2007 in Hirschhorn.
Libellchen war auch dort ... nett, zurückhaltend, sympathisch ... und sie wurde,
wie alle anderen auch, in den Arm genommen, integriert, willkomen geheißen.

Ganz ohne Vorbehalte, mit aller Herzenswärme.

Dieser "normale" Umgang ... ach, wäre das schön, wenn das immer so wäre.

..

Libellchen ist

schizophren


Das hätte Dir und mir auch passieren können.
Die einen kriegen Mumps, die anderen Nierensteine
und manche Menschen landen auf einmal in der Psychiatrie
und sind dort dann monatelang zu finden.


Libellchen glaubte, sie könne fliegen ... gottseidank
waren die Menschen um sie herum anderer Meinung.

Libellchen griff ihren Mann an ... gottseidank war dieser in der Lage,
das nicht persönlich zu nehmen, sondern wusste, dass es die Krankheit war.

..

Was passiert denn, wenn man sagt "heute Abend kommt jemand,
sie ist schizophren ... wollte ich nur sagen ...".

Man wird irgendwie unruhig und glaubt an unberechenbare Dinge, die passieren könnten.

Immer mit der Ruhe ... es gibt gut wirkende Medikamente gegen diese Krankheit.

Sie haben nur einen Nachteil ... sie verlangsamen den Betroffenen
und sie reduzieren in dem Bestreben, die spinnerten Gedanken zu dämpfen,
auch die Kreativität des Patienten.

Das ist mit ein Grund, warum Libellchen nie als Grafikdesignerin arbeiten konnte.
Dazu braucht man ungehinderte Kreativität und geistige Frische.
Und man muss mit Stress umgehen können ... aber genau dieser
kann ja Auslöser für einen schizophrenen Schub sein.

So ändert sich ein Leben schlagartig.

..

Libellchen ist ungeheuer mutig, offen darüber zu reden.
Vorbildich, denn meist findet diese Krankheit hinter geschlossenen (Gedanken)Türen statt.

..

Libellchens Mann ... vorbildlich sag ich Euch ... denn er ...

... ist immer noch bei ihr ... obwohl seine Frau nicht mehr die ist,
die er kennen gelernt hat ... und ihn angegriffen hat ... und an etwas erkrankt ist,
das einem Makel gleich kommt.

Der Volksmund sagt: Ist verrückt ... spinnt ... irr ...


... und: kann nix dafür (das sagt der Volksmund leider oft nicht)

Das ist das wichtige, dass man nicht jemand verurteilt, der selbst Opfer einer Krankheit ist.
Ich wünsche mir, dass man bereit ist, ganz offen mit der Krankheit umzugehen.

Denn es sind immer noch liebenswerte Menschen,
in deren Köpfe der Gehirnstoffwechsel nicht so ganz funktioniert.

..

Libellchens Bilder sind vor der Krankheit entstanden,
aber sie könnte sie heute immer noch fotografieren.

Libellchen ist weder Ausstellungsstück noch Beobachtungsobjekt.
Sie soll und will gar nicht in den Mittelpunkt ... sondern genau das Gegenteil:

Dass man sie nimmt, wie sie ist, ohne Vorbehalte und Angst.
Dass man mit ihr zusammen einen Kaffee trinkt und dabei an den Kaffee denkt.
Dass man diese Menschen nicht auf ihre Krankheit reduziert.
Das man ihnen nicht noch zusätzlich Depressionen beschert, weil man sie ausgrenzt.
Dass man ihre Krankheit zu etwas Normalen macht, auch wenn sie genau das Gegenteil ist.
Dass man nicht aus ihr gedanklich eine geschlossene Abteilung macht.

..

Schizophrene sind Menschen wie Du und ich (sein könnten).
 



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