Seelenfärbler weltweit

Heute wieder kleine Blicke zum weltweiten Advent ... wieder zwei Interviews heute:



Interview 1 -
Eveline aus Frankreich


1. Wo wohnst Du genau ?

Ich wohne im Norden Frankreichs. An der belgischen Grenze, Gent und die französische Nordsee sind in nur einer Autostunde zu erreichen. Ich lebe in der wunderschönen Stadt Lille. Die Region um Lille hatte früher ihre Glanzzeit in der Textilindustrie. Darum ist das Städte-Dreieck Lille-Roubaix-Tourcoing mit zahlreichen prunkvollen Herrenhäusern aus dem letzten Jahrhundert bestückt.

Lille hat den größten Buchladen Europas (Le Furet: 5 Etagen) und ist europaweit bekannt für den riesigen Trödelmarkt, der sich Anfang September durch die ganze Stadt zieht.

Unsere Region ist Flandern, wo viele verschiedene Dialekte gesprochen werden. An der Küste, in der Gegend um Dunkerque (Dünkirchen), bzw. im Herzen Französisch-Flanderns wird niederländisch-flämisch gesprochen und in der Grossstadt Lille spricht man patois. Die liller und die dünkirchener Einwohner würden sich also überhaupt nicht verstehen, wenn sie nicht französisch miteinander reden wöllten! Unser Flandern wird auch die französischen Niederlande genannt.


2. Wie hat das Leben Dich dorthin geschickt ?

Dies war bei weitem nicht Zufall sondern mein Wille. Ich habe einen französischen Mann geheiratet. Aber ich wurde mir auch immer bewusster, als junger Erwachsener in Berlin, wie deprimierend es doch war, dort auf der Westseite der Mauer zu wohnen. Wir waren ja doch der Schikanen und der Willkür der DDR-Volkspolizisten ausgesetzt, wenn wir nach West-Deutschland reisen wollten und dazu die Transitzone durchqueren mussten.


3. Gibt’s dort, wo Du jetzt wohnst, Advent und Weihnachten ?

Die französisch-stämmigen Einwohner hier sind von katholischer Religion. Die Adventssonntage werden überhaupt nicht gefeiert so wie ich das von Deutschland aus kenne. Keine Kränze aus echter Tanne (oder Fichte) werden
in den Geschäften angeboten.

Es gibt nur in den grossen Supermärkten diese dekorierten Kränze aus Plastik. Die Leute hängen sich diese draussen an die Eingangstür. Aber Kerzen sind darauf nicht vorgesehen. Als meine Kinder klein waren habe ich sehr die Adventskalender vermisst. Das war vor 10 Jahren etwa ... diese Kalender sind jetzt aber seit einigen Jahren in
den Lebensmittelgeschäften zu haben. Ich denke auch, diese sind uns dank von Lidl und Aldi ins Land geflogen worden ...


4. Hast Du Weihnachtsplätzchenhunger oder sogar welche gebacken ?

... ebenso ist es mit weihnachtlichem Lebkuchengebäck. Wir haben in der Familie mehrere Geburtstage zu feiern in den Wintermonaten. Dazu bereiten wir sowieso schon kollektiv ein Familienmahl zu (jeder übernimmt mit viel
Spass an der Sache die Vorbereitung für einen bestimmten Gang). Das wäre mir eigentlich zu viel, dann auch noch Kekse backen zu müssen ... aber ich habe gerade die herrlichen Keks-Angebote der arabisch-stämmigen Einwohner Lilles (aus Nord-Afrika) ins Auge genommen. Die sehen wirklich sehr lecker aus ...


5. Was ist für Dich Weihnachten ?

Ich glaube, Weihnachten als religiöses Fest ist nicht so wichtig für mich. Ich bin in der Regel gegen Gedenktage, da aufrichtiges Gedenken meiner Meinung nach das ganze Jahr über stattfinden sollte.

Die gemütlichen Winterabende sind mir dagegen schon eher etwas wert. Und auch die schon am frühen Nachmittag eingerichteten Lichtfassaden in der Stadt, die Weihnachtskonzerte klassischer Musik in den Kirchen, die vielen Open-air-Weihnachtsmärkte und die freundschaftliche Gesinnung zu deren Verkäufern.

Manche kommen aus Quebec um uns z.B. ihren Akazien-Sirup anzubieten ... jedes Jahr treffen wir sie wieder. Und auch nur auf diesem Liller Weihnachtsmarkt.


--

Interview 2 - Sigrid aus Argentinien

1. Wo wohnst Du genau ?

In Villa Ballester, ein Vorort der Provinz Buenos Aires, Argentinien.


2. Wie hat das Leben Dich dorthin geschickt ?

Eine etwas zu lange Geschichte. Meine Mutter ist in Argentinien geboren ... wir lebten in Bolivien und haben dort sehr schlechte Zeiten durchgemacht. Da wir Familie hier hatten und es bessere Zukunftsaussichten für meine Söhne gab, sind wir 1983 hierher ausgewandert.


3. Gibt’s dort, wo Du jetzt wohnst, Advent und Weihnachten ?

Ja, natürlich. Vor allem die Hauptstadt Buenos Aires ist eine kosmopolitische Stadt mit vielen Einwanderern aus Europa. So hat jede Gemeinschaft ihre Traditionen mit ins Land gebracht. Vor allem die spanische und italienische.

Mehr im Norden, auch in Bolivien, feiern die Einheimischen nach ihrer und katholischer Tradition mit viel Gesang und Tänzen rund um die Krippen. Die Kinder basteln ihre Instrumente selbst. Anfang Dezember üben sie schon ihre Lieder ein. Sie werden niños adoradores genannt (adorar=verehren, anbeten).


4. Hast Du Weihnachtsplätzchenhunger oder sogar welche gebacken ?

Hunger ganz bestimmt, gebacken nicht, komme zeitmässig nicht dazu.

In Bolivien hatten wir mit unserer Mutter zentnerweise Weihnachtskekse und Stollen gebacken (zum Verkauf und auch für die grosse Familie). Vermisse den lieblichen Geruch nach Zimt, Nelken, Vainille usw. .


5. Was ist für Dich Weihnachten ?

Für den Anderen da sein, Zeit für ihn haben, den Sinn der Weihnacht leben und weitergeben.


Danke Euch für die Antworten :)).

--

Das war das 18. Türchen mit

- dem immer wieder ein Licht anzünden
- Marias Krippe
- Gedanken über das, was als Geschenk empfunden wird
- zwei Interviews aus Frankreich und Argentinien



zurück zur Kalenderblatt-Hauptseite

Kalenderblatt-Archiv