Die
Seelenfärbler-Weihnachtsgeschichte

heute: eine Geschichte von Libellchen


Weihnachten mal anders

2008 verbrachte ich Weihnachten nicht zuhause bei der Familie, sondern in der Psychiatrie. Eigentlich hätte ich "Urlaub" bekommen sollen, aber einen Tag vor Heilig Abend holte mich die Ärztin in ihr Zimmer, um mir mitzuteilen, dass ich nicht heim dürfe, weil es mir wegen Medikamentenumstellung nicht gut ging.

Wie gelähmt nahm ich die Nachricht entgegen ... dabei hatte kurz zuvor eine andere Ärztin noch davon gesprochen, dass ich vielleicht noch vor Weihnachten ganz nach Hause gehen dürfte. Aber daraus wurde nun nichts.

Am schlimmsten war für mich, als meine Mama am Telefon heulte.

Mein Mann kam vormittags vorbei, aber er hatte nicht viel Zeit, denn er musizierte nachmittags in unserer Gemeinde im Weihnachtsgottesdienst, und ich hätte auch nicht gewollt, dass er wegen mir absagt.

Am späteren Nachmittag des Heiligen Abends war in der kleinen Kirche der Weihnachtsgottesdienst. Draußen war es klirrend kalt. Die Schwester eines Freundes ist ausgebildete Sängerin und sie singt schon seit einigen Jahren in dieser Klinik an Weihnachten im Gottesdienst. Dieses Jahr war es aber das erste Jahr, dass ich sie hörte (wenn auch die Umstände unter denen ich sie hören durfte besser hätten sein dürfen).

Jeder Gottesdienstbesucher, der wollte, bekam dann eine "Rose von Jericho" geschenkt, das ist eine Pflanze, bei der man denkt, sie sei vertrocknet, aber wenn man sie gießt, "grünt" sie dann innerhalb kürzester Zeit wieder, das wollte ich auch unbedingt für mich symbolisch sehen.

Später kam die Sängerin noch kurz mit auf mein Zimmer, da hab ich mich auch sehr darüber gefreut.

Danach schauten wir uns in Ruhe im Fernsehen das "fliegende Klassenzimmer" von Erich Kästner an und haben es genossen, dass diejenigen, die sonst die "Macht" (=Fernbedienung) über die Programme hatten, mal nicht da waren, und wir mal gucken konnten, was wir wollten.

Auch die Küche hat sich was einfallen lassen, es gab richtig leckeres Abendessen und für jeden ein Schokoladenherz in Alufolie gewickelt mit der Aufschrift "Frohes Fest".

Nun, es war Heiligabend ohne Familie, ohne Fondue, aber trotzdem nicht ohne (Schokoladen-)Herz,
nicht ohne Freu(n)de und nicht ohne Liebe.

Weihnachten muss man/frau eben auch in sich selber haben.

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Das war das 19. Türchen mit

- dem unverhofften Lächeln
- Marias Krippe
- dem Altpapier

- Weihnachten in der Psychiatrie



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