Claudia erzählt:
Tja, die Kinder- bzw. Jugendzeit ist nun schon 35
Jahre her.
Auch bei unserer 5köpfigen Familie war die Weihnachtszeit natürlich
etwas Besonderes.
Das fing beim Plätzchenbacken an, wir 3 Kinder durften Plätzchen
ausstechen
und sie mit bunten Zuckerstreuseln verzieren.
Allerdings gab es (außer seeeeehr wenigen zum Probieren) den ersten
Plätzchenteller
erst am Hl. Abend nach dem Essen.
Das allein war schon ein Grund, warum wir uns auf diesen Tag freuten
;-).
Der Baum wurde bereits am Abend des Vortages,
als wir schon im Bett waren, von den Eltern mit bunten (!!!!)
elektrischen Kerzen,
ebenso bunten Kugeln und Lametta geschmückt und strahlende
Kinderaugen waren sicher,
als sich endlich zur Bescherung die Tür zum Wohnzimmer wieder öffnen
ließ.
Vorher war ja das "Christkindl" unterwegs und wollte nicht gestört
werden,
weshalb "es" die Tür absperrte.
Ehrfurchtsvoll und mit klopfenden Herzen lauschten wir auf
ungewöhnliche Geräusche im und außer Haus.
Das war DIE Zeit, in der meine beiden Geschwister und ich friedlich
vereint waren,
was ansonsten nicht gerade oft vorkam.
Aber bevor es überhaupt soweit war mit der Bescherung, verbrachten
wir
den Nachmittag bei unserer Oma mit (endlosem) Beten, Tee trinken und
leckeren, frischgebackenen Rohrnudeln essen, bevor die Geschenke
verteilt wurden,
die das
Christkindl hinterlegt hatte.
In Oma´s Stube war es schön gemütlich.
Das Holzöfchen mit dem Ofenrohr quer durch den niedrigen Raum und
der kleine,
rot geschmückte Christbaum mit echten Kerzen machten es behaglich
und Oma mit
ihrer einzigartigen, robusten, aber liebevollen Art strahlte
zusätzlich Wärme aus.
Wieder zu Hause war (damals Gott sei Dank, im nachhinein leider) der
erste Weg
ins Wohnzimmer zu den Geschenken unter dem Weihnachtsbaum.
Es wurde weder gesungen noch gab es eine Weihnachtsgeschichte.
Da fehlte wohl irgendwie die Zeit und Muße dafür.
Schnell ausgepackt und dann verschwand die gestresste Mama schon in
die Küche
zum Bratwürstl braten, die es alle Jahre wieder an diesem Tag mit
"Semmelwecken" (Weißbrot) gab.
Später saßen wir dann doch noch alle recht gemütlich im Wohnzimmer,
ließen uns die Plätzchen schmecken und spielten mit unseren neuen
Spielsachen.
Papa ging am späten Abend noch in die Christmette.
Als wir etwas älter waren, machten wir das alle zusammen und es war
von vielen (unfreiwilligen) Kirchenbesuchen einer der
beeindruckendsten und feierlichsten Gottesdienste im ganzen Jahr.
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Gerti erzählt:
Geboren 1938, also ein Jahr vor Ausbruch, des 2.
Weltkrieges, so ist es klar,
dass ich mich nur an Weihnachtsabende im Krieg erinnern kann,
die wir aber in meiner Erinnerung immer in dem Haus meiner
Großeltern verbrachten,
da auch unser Vater eingezogen war, ich habe noch einen älteren
Bruder.
Dieses Haus, eigentlich mal als Wochenendhaus gedacht,
lag am Deister, ganz oben fast im Wald, so bekam ich als Kind
auch nicht viel von Bombenangriffen mit. Das nur vorweg.
Am Tag vor Heiligabend wurde gebacken und zwar ging man mit dem Teig
zum Bäcker,
man bekam eine Nummer, die man auf dem Kuchen mitbacken musste,
2 große Bleche und einen Platz zum Ausrollen und Belegen.
Ich rieche heute noch den Duft in dieser Backstube.
Heiligabend war für mich damals immer der schönste Tag im Jahr,
nachmittags ging ich mit der Oma meistens in die Kirche,
die war immer voll und wunderschön weihnachtlich geschmückt,
daran kann ich mich noch erinnern, aber viel mehr nicht.
Nur einmal, als wir die Kirche verließen, fing es gerade langsam an
zu schneien,
noch heute überkommt mich diese Freude, wenn ich daran denke.
Zu Hause angekommen, es war ein weiter Weg den Berg hinauf,
mußten wir Kinder in der Küche warten, denn meine Mutter und der Opa
hatten inzwischen den Weihnachtsbaum geschmückt,
mit allem was von vor dem Krieg noch vorhanden war, Kerzen gab es ja
zuerst noch.
Einmal bekam ich eine Puppe, eine Babypuppe, die meine Mutter für 2
Pfund Schmalz
irgendwo aufgetrieben hatte, dazu noch einen Puppenwagen, etwas
angeschlagen,
aber noch ganz gut, von einem entfernten Verwandten ergattert.
Ich war fast wie erschlagen, da muß ich wohl 4 Jahre alt gewesen
sein.
Später kamen dann noch ein Bruder meiner Mutter und seine Frau zu
uns,
die Unterschlupf suchten, das kleine Haus war voll, wir krochen
zusammen.
Aber der Onkel war ein lustiger Kerl, wie alle Brüder meiner Mutter,
wir hatten viel Spass mit einem Spiel, welches sicher niemand kennt
... es hieß "Fisolorum",
frag mich bitte keiner mehr wie es geht, ich weiß es nicht.
Dieser Onkel jedenfalls war ehemals Dreher bei Hanomag, er machte
mir einen kleinen Herd,
mit einem Schornstein, diesen Herd konnte man tatsächlich mit
Hartspiritus heizen,
ich bekam ihn wohl etwa 1944, denn an dem Heiligabend 1945
hatten wir keine Kerzen mehr für einen Weihnachtsbaum, obwohl der
Krieg beendet war ...
... aber mit dem kleinen Schornstein diese Herdes hat meine Mutter
es fertig gebracht,
Kerzen herzustellen, aus aufgehobenen Wachsresten und inzwischen
von den Amis ergatterten Baumwollfäden.
Es war eine verrückte Zeit, voller Entbehrungen, aber die ich damals
nie empfunden habe,
da ich es gar nicht anders kannte, aber ich habe nie hungern müssen,
da wir einen
großen Garten besassen, meine Oma und Opa sehr fleißig waren, meine
Mutter ihr Bestes tat.
So waren die Kriegsweihnachten wohl für mich die,
die mir als die Schönsten in Erinnerung geblieben sind.
Ich werde sie nie vergessen.
Das war die Ur-Form des Haus, in dem wir lebten ...

... das war 1932 etwa ... mein Großvater ist der kleinere Mann auf
dem Bild.
Er hat das Haus dann etwas vergrößert und dort lebten wir dann.
Auf dem Balkon steht meine Mutter mit meinem Bruder auf dem Arm
und daneben ist meine Großmutter zu sehen.
Das Bild wurde mit einer alten Plattenkamera aufgenommen.
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