Therese erzählt:

Aus der Sicht des Kindes von 2 - 10 Jahren:

Mein Vater hatte jedes Jahr eine mittelgrosse Tanne geholt und wir waren schon gespannt,
wann sie aufgestellt würde. Wir hatten ein Gartenhaus, das beheizbar war
und Platz genug hatte, um mit der Familie Weihnachten oder sonstige Feste zu feiern.

Am 24. kamen immer meine Grosseltern mütterlicherseits und es wurde dann beschlossen,
wer den Weihnachtsbaum schmücken darf.
Als ich und mein 3 Jahre jüngerer Bruder noch nicht zur Schule gingen,
wurde der Baum von unserer Mutter und Grossmutter geschmückt.

Es war immer sehr geheimnisvoll und ich bin meistens fast "verzwaspelt" vor Neugier.

Unser sehr einfallsreicher Grossvater kümmerte sich jedoch während dieser Zeit um mich
und meinen Bruder und meistens spielte er uns auf der Blockflöte was vor.
Dabei begann er immer sehr zu improvisieren und er fühlte sich wohl selber wieder
wie ein kleines Kind, wir mussten immer sehr lachen über seine Spässe.

Er flötete ganz tolle orientalische Melodien, weshalb ich wohl heute noch
der orientalischen Musik sehr zugetan bin.
Grossmutter regte sich immer auf, wenn es zu orientalisch wurde,
sie schimpfte dann mit ihm, er würde uns Unfug beibringen.
Er aber lachte nur und spielte munter weiter ...

Wir durften auch mit Grand-Papa (wie es bei uns in der welschen Schweiz heisst) Fernsehen,
wir hatten damals noch einen schwarz-weiss-TV und unser Lieblingsfilm,
der zu Weihnachten oft ausgestrahlt wurde war "der kleine Muck".

Wir Kinder hatten nach dem Film schon ganz rote Backen
und konnten meistens nicht bis nach dem Abendessen warten, um den Baum anzustaunen.
Wir sprangen rüber ins Gartenhaus und "überfielen" die fleissigen Frauen.
Der Baum wirkte aber im Tageslicht noch nicht so festlich wie abends.

Bei uns gab es vor dem Essen immer erst Apéro.
Unsere Mutter bereitete als Weihnachtsessen meistens ein Fleischfondue zu,
das war bei uns so Tradition und der Duft der köchelnden Gemüsebouillon
zog durchs ganze Haus und kitzelte unsere Nasen.
Es gab immer so feine Saucen dazu und als ich älter war,
durfte ich ihr dann bei der Zubereitung helfen.

Wir aßen im Wohnhaus, damit meine Mutter nicht alles ins Gartenhaus rüberschleppen musste
(die Küche im Haus befand sich im oberen Stock).
Das Essen und das lange Zusammensein war immer sehr gemütlich
und wir Kinder genossen es sehr ...

... und später durften wir dann endlich alle ins Gartenhaus, den Christbaum bestaunen.
Mein Vater hatte immer echte Kerzen dran.
Die Weihnachtskugeln waren sehr schön, die einen rund in silber und rot, kupfern,
die andern Kugeln waren länglich, rot, rosa, silber und zum Teil mit weissen Verzierungen drauf.
Silberfäden, Lametta, silberne Weihnachtsbänder schmückten den Baum
und zuoberst auf der Spitze thronte das "Baumkrönchen".
Als mein Bruder und ich älter waren, durften wir beim Schmücken des Baumes helfen.

Bevor die Geschenke ausgepackt wurden, durften wir immer Blockflöte spielen.
Ich konnte fast alle Weihnachtslieder auswendig und hatte schon im voraus oft geübt.
Wenn ab und zu noch andere Verwandte anwesend waren,
war ich sehr nervös und meine Finger zitterten beim spielen.
Ich habe immer lieber die Melodie gespielt als gesungen.
Für uns war es aber immer schön zu musizieren und erst danach die Geschenke auszupacken.
Es gab dem Ganzen einen besonderen Sinn.

Wir konnten auch die Geschenke noch lange lange bestaunen und Freude dran haben.
Heutzutage ist das ja nicht mehr überall so.
Ich bekam auch oft selbstgemachte Sachen, so einmal von meinem Vater ein selbstgemachtes Puppenbett.
Meine Mutter hatte die Vorhänge und die Bettdecken und Kissen dazu selber genäht.
und ich durfte meine Lieblingspuppe da hinein betten.
Nach der Geschenke-Bescherung gab es immer noch Kaffee und Weihnachtsgebäck.
In die Kirche sind wir nicht gegangen.

Die Weihnachtsfeiern verliefen immer sehr friedlich und als wir klein waren,
war es immer so etwas gehrimnisvoll-magisches ... alles wirkte leuchtender !

Später, als wir Teenies waren und meine Grosseltern älter wurden,
haben wir dann auch oft bei Ihnen zuhause gefeiert,
aber sie hatten sich irgendwann einen künstlichen Weihnachtsbaum zugetan
und es war nicht mehr die gleiche schöne spezielle Stimmung
ohne den strahlend echten Weihnachtsbaum!
Aber mein Grossvater hat uns dafür immer ganz toll bekocht!

Ich denke oft an frühere Weihnachten zurück,
vor allem begleitet mich Grossvaters orientalisches Flöten jeweils beim Tanzen,
denn ich habe vor 8 Jahren den orientalischen Tanz entdeckt und lieben gelernt!

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