Revelein erzählt:
In dieser Zeit, wo die Tage immer kürzer werden und
das Weihnachtsfest näher rückt,
erinnere ich mich sehr gerne an die Heiligen Abende meiner Kindheit
in der Geborgenheit der Familie.
Als drittes und jüngstes Kind meiner Eltern empfand ich den Zauber
der Weihnachtszeit
noch am Stärksten, manchmal belächelt von meinen deutlich älteren
Brüdern.
Mitte Dezember zog meine Mutter schon los, um gemeinsam
mit meinem ältesten Bruder unseren Weihnachtsbaum zu besorgen,
der in jedem Jahr stets bis zur Zimmerdecke reichte.
Ich wusste: Jetzt war es auch höchste Zeit, meinen Wunschzettel zu
schreiben
und ihn meinem Vater zu übergeben, der mir versprach, er würde ihn
auf dem Weg zur Arbeit in den Briefkasten stecken.
Am Vortag des Heiligen Abends war es nun Zeit, den Baum zu
schmücken.
Die Kiste mit der Dekoration wurde vom Dachboden geholt und
vorsichtig ausgepackt.
Die Lichterkette, Strohsterne, mattglänzend-rote Kugeln, getrocknete
Orangen- und Apfelscheiben,
kleine Zimtstangen und selbstgebastelte Sterne aus feinem Holz.
Mit viel Liebe zum Detail durfte ich meiner Mutter beim Schmücken
helfen,
soweit meine kurzen Ärmchen halt schon hoch reichten.
Zuletzt noch ein wenig Lametta und natürlich
einen schönen, großen, leuchtenden Stern auf die Spitze des
Weihnachtsbaumes.
Dann kam mein großer Augenblick: Ich durfte die Lichterkette
einstecken,
um zu schauen, ob auch alle Birnchen heil sind.
Und wie sie leuchteten!
Unter dem Baum bekam unser schöner Stall seinen Platz,
mit allen Figuren - nur das Jesuskind fehlte noch.
Der 24. Dezember kam und mit ihm die Kinderchristmette,
zu der uns unser Vater am Nachmittag begleitete.
Die Mutter blieb immer Zuhause.
Sie sagte, es müsse doch jemand da sein,
wenn das Christkind käme, um uns die Geschenke zu bringen.
Als wir, mit vor Kälte roten Bäckchen, von der Kirche nach Hause
kamen,
zog schon der Duft von frischem Brot, Mutters leckerem Essen und
Gebäck durchs Haus.
Oh, wie gut das roch!
Die Tür zum Wohnzimmer war geschlossen und ich wusste, was das zu
heißen hatte:
Das Christkind ist hier gewesen!
Wir setzten uns alle um den reich gedeckten und mit brennenden
Kerzen geschmückten Esstisch,
sprachen das Tischgebet, aßen, tranken und erzählten unserer Mutter,
wie schön es in der Christmette gewesen war.
Nach dem Essen war es dann soweit: Die Tür zur guten Stube wurde
geöffnet
und unsere Kinderaugen begannen mit dem Weihnachtsbaum um die Wette
zu leuchten ...
... was für ein schöner Anblick!
Der strahlende Baum, das Jesuskind in seiner Krippe und für jedes
Kind
einige kleine Geschenke auf dem Boden.
Zunächst nahmen wir um den Baum Platz und einer meiner Brüder las
feierlich
das Weihnachtsevangelium aus der Bibel vor.
Danach sangen wir noch Weihnachtslieder, was meine Geduld schon hart
auf die Probe stellte
und doch durfte "Kling, Glöckchen, Klingelingeling" nicht fehlen.
Als Kleinste der Familie durfte ich dann endlich als Erste beginnen,
meine Weihnachtsgeschenke auszupacken, was ich nur zu gerne und sehr
andächtig tat.
Jeder kam an die Reihe und es war für mich so spannend zu sehen,
welche Geheimnisse das Geschenkpapier preisgab.
Gemütlich ließen wir den Abend ausklingen - ein jeder von uns sagte
Dank
für die liebevollen Überraschungen, an denen wir uns so sehr
freuten,
knabberten noch Weihnachtsgebäck und auch das eine oder andere Lied
sangen wir noch.
Mein Vater hielt jedes Weihnachten auf seiner V8-Kamera fest
und so schaue ich mir jedes Jahr zur Weihnachtszeit wieder an,
wie schön es doch in Kindertagen gewesen war ...
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