Angie erzählt:

Wenn ich an meine frühe Kindheit zurückdenke, das war in den 60er Jahren bei Leipzig,
gab es sehr viel Heimlichkeit und Aufregung in der Vorweihnachtszeit.
Beim Plätzchenbacken hat man natürlich als kleines Mädchen gern mitgeholfen
und Teig gekostet und ausgestochen.
Stollen backen war damals natürlich auch ein Muss, aber das erledigte meine Mutter selbst.
Über Nacht "ging" der Teig in der noch warmen Küche und am nächsten Tag wurden
die Stollen geformt und zum Bäcker zum Abbacken gebracht.
Dann wieder abgeholt und später gebuttert und gezuckert.
Ich erinnere mich noch, wie lecker der war,
denn an guten Zutaten hat man nicht gespart.

Je näher das Fest rückte, bastelte man selbst Geschenke oder
schlachtete sein Sparschwein, um für jeden eine Kleinigkeit zu erstehen.

Meine Brüder begaben sich bald auf die Suche nach ihren Geschenken und wurden oft fündig,
ich dagegen ließ mich schon immer lieber überraschen.

Am Heiligabend wurde das Wohnzimmer abgeschlossen,
nur die Eltern durften hinein, das Schlüsselloch war zugehangen.

Die Vorfreude und Spannung wuchs ins Unermessliche ... dann endlich ... es war soweit,
die Tür ging auf, mit ganz feierlicher Stimmung betraten wir das Zimmer.
Ein Glitzern und Schimmern empfing uns, am Weihnachtsbaum brannten
Wunderkerzen und Wachskerzen, der Baum war neben den glitzernden Kugeln mit
Holzfiguren, Metallschmuck, Süßigkeiten und Strohsternen geschmückt,
natürlich auch Lametta, er war so wunderschön.

Dann ging natürlich der Sturm auf die Geschenke los, für jeden gab es einen bunten Teller
und etwas anzuziehen (was weniger beliebt war) und wenn es möglich war,
wurde auch der Wunsch vom Wunschzettel erfüllt.

Noch früher gab es natürlich auch einen Weihnachtsmann, der die Geschenke verteilte
und für die Unartigen auch mal die Rute herausholte. Aber diese kam nie zum Einsatz.
Für mich wurde das Puppenhaus aufgestellt, manchmal mit neuer Tapete oder neuen Möbeln,
damit konnte ich dann bis Neujahr spielen.

In den 70er Jahren wurde es zunehmend schwieriger, Weihnachtssachen einzukaufen,
Orangen gab es meist nur an einem Tag im Dezember, zeitweise wurden sie
nach Anzahl der Personen im Haushalt zugeteilt.
Mit etwas Beziehung bekam man auch einen Lachs- oder Nussschinken
und Wiener für den Heiligabend.

Die Weihnachtsbäume, die man zu kaufen bekam, sahen oft zum Fürchten aus.
Da sie nicht so teuer waren, kaufte man 2 oder 3 dieser Quirle und der Hausherr bastelte daraus
einen gescheiten Baum, mit Bohren und Schrauben war die Fichte dann durchaus annehmbar.

Wer das Glück hatte, Westverwandtschaft zu haben,
bekam mit dem vorweihnachtlichen "Westpaket" schöne Sachen,
bei uns waren meist Köstlichkeiten für das Fest drin,
das wurde dann auch bis zum Fest aufgehoben.

Zu Essen gab es am Heiligabend Mittag selbst gemachten Kartoffelsalat und Wiener Würstchen,
am 1. Feiertag Enten- oder Gänsebraten mit selbstgemachten Thüringer Klößen
(dabei kam sogar die Wäscheschleuder zum Einsatz) und Rotkohl.

Heute gibt es die Köstlichkeiten, die früher aus dem Westen kamen) jeden Tag,
das ist nichts Besonderes mehr. Aber man gibt sich trotzdem Mühe,
das Fest zu etwas Besonderem zu machen, mit selbst gebackenen Plätzchen,
einem Braten und natürlich mit viel Dekoration, Adventsgestecke, Weihnachtsbaum usw. .

In unserer Stadt gibt es jetzt jedes Jahr in zwei Wohngebieten einen Adventsfensterweg,
jeden Tag schmückt eine andere Familie ihr Fenster besonders schön heraus
und abends kommen alle Bewohner zu dem Fenster und staunen, reden und mitunter
gibt es auch etwas zu probieren. Das ist ein sehr schöner Brauch, finde ich.
 

 

 
Heike erzählt:

Weihnachten, als ich noch ein Kind war ... das verbinde ich in der Vorweihnachtszeit
mit den vorgelesenen Gedichten und Geschichten von meiner Oma.
Sie hatte ein handgeschriebenes Büchlein mit Gedichten zu Weihnachten.
Viele hundertmal musste sie mir alle die Gedichte vorlesen.
Eines kann ich noch heute auswendig…

Denkt euch, gestern abend, gegen Sieben
Mutter war grade beim Kaufmann drüben,
da holterts und polterts die Treppe hinauf,
klopft an die Tür und reißt sie auf.

[...]

... und wie ich das jetzt schreibe, hab ich Tränen in den Augen,
meine Oma ist 90 dieses Jahr geworden und wir lesen ihr die Geschichten jetzt vor.
Sie ist noch recht fit, nur das mit den Augen und dem Sehen wird immer schlechter.

Baum geschmückt wurde von uns Kindern (4 Geschwister) und das Lametta
war Aufgabe unserer Mama, sie legte jeden Lametta-Faden einzeln über den Baum.

Bescherung war je nach dem, wie unser Papa Schicht hatte.
Mal nachmittags, und mal abends halb zehn.
Am Heiligen Abend gabs Kartoffelsalat mit Würstchen,
am 1. Und 2. Weihnachtsfeiertag zum Mittag dann Gans und Ente.

Für mich war es eine schöne Zeit und viele Traditionen hab ich übernommen.
Mein Sohn ist jetzt 1 ½ Jahre und wird dieses Jahr Weihnachten das erste mal so richtig erleben.
Er ist schon jetzt ganz erstaunt über die Dekorationen ... die leuchtenden Sterne und die Fensterbilder
findet er spannend und pult (knibbelt) sie alle wieder vom Terassenfenster ab ;).
 

 


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