Der Glaube an den Weihnachtsmann

Eine Weihnachtsgeschichte von Seelenfärblerin Chris J.

Letztes Jahr glaubte ich noch von ganzen Herzen an den Weihnachtsmann und wünschte mir nichts sehnlicher als ihn zu sehen. Aber dieses Jahr war ich schon sechs!

Irgendwo hatte ich das Gerücht gehört, dass es den Weihnachtsmann nicht gab. Jetzt wollte ich es wissen! Und wen fragt man in einer solchen Situation? Natürlich die große Schwester, denn der glaubte man alles, schließlich konnte sie schon lesen und schreiben, rechnen und Englisch, das war überhaupt das Beste, diese geheimnisvolle Sprache wollte ich auch endlich erlernen.

Also fragte ich meine große und acht Jahre ältere Schwester, "Dagmar, gibt es einen Weihnachtsmann?"

Pause.
Keine Antwort.
Überlegen ihrerseits.

Was sollte man da antworten? Natürlich gab es den Weihnachtsmann nicht, aber sollte man dieses der kleinen Schwester sagen und ihr damit den Glauben an den Weihnachtsmann zerstören? Es war doch ganz niedlich, dass die "Lüdde" da noch dran glaubte und man sich im stillen und mit seinen Freundinnen darüber lustig machen konnte, denn schließlich war man selber ja schon fast erwachsen und glaubte nicht mehr an diesen Kinderkram. Auf der anderen Seite hatte die Kleine sie erst gestern wieder genervt. Kleine Schwestern können nämlich mitunter auch eine Plage sein.

"Gibt es einen Weihnachtsmann?" fragte ich noch einmal ungeduldig nach.
"Nein!"
"Nein?"
"Nein! Und nur Zwerge glauben an den Weihnachtsmann" kam es sehr bestimmt von ihr.

Da hatte ich meine Antwort, aber mit dieser hatte ich nicht gerechnet und die wollte ich auch nicht, denn natürlich hatte ich erwartet, dass sie mir versichern würde, dass es den Weihnachtsmann gäbe. Und jetzt sagte sie einfach, "Nein! Es gibt keinen Weihnachtsmann!"
So etwas Gemeines.

Schnell lief ich zu meiner Mama in die Küche. "Mami, Dagmar sagt, den Weihnachtsmann gibt es nicht. Ist das wahr?"

Schweigen.
Ohje, jetzt war meine Mutter in der Zwickmühle.

Was sollte man da erzieherisch richtig antworten? Sollte man den niedlichen Kinderglauben zerstören und die Wahrheit sagen? Oder sollte man flunkern und die "Lüdde" noch ein bisschen vom Weihnachtsmann träumen lassen. Also erstmal mit der Großen schimpfen und sich dabei eine vernünftige Antwort überlegen.

"Dagmar, wie kannst du so etwas sagen? Natürlich gibt es einen Weihnachtsmann! Du hast ihm ja auch deinen Wunschzettel geschickt. Man muss nur an ihn glauben."

"Phhh" kam es verächtlich von meiner großen Schwester.

Da war dieser Satz "Wie kannst Du so etwas sagen?" ... dieser Satz brachte mir die Gewissheit. Denn dieser Satz wurde immer gesagt, wenn man in ein Fettnäpfchen getreten war und wie man da rein tritt, dass wusste ich zur Genüge. Für mich stand nun fest, den Weihnachtsmann gab es nicht. Außerdem waren die Pausen in den Antworten von meiner Mutter verdächtig lang.

"Den Weihnachtsmann gibt es nicht!" gab ich jetzt bestimmt von mir, denn dieses hatte meine große Schwester zu mir gesagt und meine Mama hatte ihr nicht energisch genug widersprochen. "Einen Weihnachtsmann gibt es nicht!" trumpfte ich auf und kam mir dabei sehr groß und erwachsen vor. Meine Mutter wusste nichts darauf zu erwidern und so erfuhr ich, dass es den Weihnachtsmann nicht gab, sondern nur ein Kinderglaube war.

Heute bin ich "groß" - vielleicht sogar erwachsen - und weiß, dass es den Weihnachtsmann und seine vielen Weihnachtsengel gibt! Denn sie begegnen uns täglich. Sie tragen zwar keinen roten Mantel oder Flügel, aber sie lächeln einen im größten Weihnachtstrubel zu. Sie haben trotz des weihnachtlichen Stresses noch Zeit für einen Weihnachtsgruß, für das Plätzchen backen und um die Wohnung zu dekorieren. Sie machen am Weihnachtsmorgen ein himmlisches Frühstück oder kaufen einen viel zu großen, aber wunderschönen Tannenbaum.
 
Und außerdem schreiben Weihnachtsmänner und Weihnachtsengel sehr gerne Weihnachtsgeschichten oder sie heißen Engelbert und lassen sich jedes Jahr etwas Neues für den Adventskalender von Seelenfarben einfallen.

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