Weihnachtserinnerungen von Seelenfärblerin Mira

Weihnachtserinnerungen

An Weihnachten meiner Kindheit der Nachkriegsjahre erinnere ich mich nicht gerne, denn zu den Tagen wurde mir besonders bewusst, dass wir eine andere Familie sind als die anderen im Dorf. Wir waren Flüchtlinge aus dem Osten, hatten eine andere Konfession als die anderen im Dorf – und hatten wenig Geld. Dazu war mein Vater krank aus dem Krieg zurückgekehrt und ich meine, insbesondere zu Weihnachten, alles das gespürt zu haben – kindliche Weihnachtsfreude kam einfach zu kurz.

Später war ich in der Ausbildung zur Krankenschwester und musste in der sogenannten Schwesternschule in einer fernen kleinen Stadt wohnen. Im Ausbildungskurs hatten wir eine Kollegin, die genau doppelt so alt war wie wir – wir waren um die 18 Jahre. Sie hatte eine Ausbildung zur Chorleiterin hinter sich. In unserer Freizeit fanden wir immer wieder Anlässe, um mit ihr zu singen und so wurden wir ein relativ guter kleiner Chor.

Vor dem ersten Advent übte sie abends nach Dienstschluss (nach 20:00 Uhr!) mit uns Advents- und Weihnachtslieder so oft es ging. Wir sangen fast alle sehr gern. Wussten wir doch auch, dass wir damit selbst große Freude hatten und anderen bereiten durften.

Am Ersten Adventssonntag gingen wir nicht erst um 6:00 Uhr morgens in die Klinik wie täglich, sondern mindestens 60 oder 90 Minuten früher, um alle Patienten wie üblich waschen und versorgen zu können, bevor wir gegen 7:00 Uhr dann mit dem Singen begannen.

Wir waren ca. 35 Schülerinnen, die über die neun Stationen des Krankenhauses als eine Gruppe gingen. Auf jeder Station sangen wir an einem zentralen Platz mindestens zwei Lieder und dann eines auf dem Weg zur nächsten Station – jeweils mehrstimmig. Das große Treppenhaus des alten Krankenhauses machte für Minuten einen großen Chor aus uns! Das schallte ... – wunderschön ...

Die Stationsschwestern hatten die erste Kerze an den Adventskränzen einer jeden Station zum Strahlen gebracht und auch mindestens eine Kerze in den Patientenzimmern. Das Flackern der Kerzen werde ich nie vergessen – es war besonders aufregend, geheimnisvoll und schön ... – Leid und Schmerzen konnten auch die Patienten mindestens für ein paar Minuten vergessen ...

Als meine Mitschülerinnen und ich später wieder auf die Station kamen, auf der wir zum Dienst eingesetzt waren, bedankten sich die Patientinnen und Patienten nicht selten mit Tränen in den Augen für den schönen Gesang.

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