Maria schreibt:

In meinem Heimatland, Niederlande, wird Nikolaus (Sinterklaas) ganz groß gefeiert.

Drei Wochen vor seinem Feiertag legt sein Dampfschiff (stoomschip),
mit dem er und seinen vielen Zwarte Pieten aus Spanien gekommen sind,
irgendwo in den Niederlande an ... und dann geht der Rummel los.

Diese Ankunft wird live im Fernsehen übertragen und in den Wochen danach
gibt es für die Kleinen jeden Abend ein "Sinterklaasjournaal", wo berichtet wird,
was der Nikolaus und seinen Pieten so treiben.
Es ist so eine Art Vorbereitungszeit für das große Fest am "pakjesavond" (der Abend vor dem 6.12.).

Die Eltern haben genügend Zeit die Geschenke zu besorgen
und für die Kinder wird das Warten nicht so langweilig.

Als ich klein war, hatten meine Eltern kein Fernsehen;
von der Ankunft des Schiffes habe ich damals nichts mitgekommen.
Aber mein Bruder und ich wussten trotzdem, dass Sinterklaas im Lande war,
denn 3 Wochen vor dem Fest durften wir jeden Samstagabend
 den Schuh vor dem Kohlenherd stellen (mit einer dicken Möhre für das Pferd vom Sinterklaas drin),
laut Sinterklaaslieder singen ... und am nächsten Tag gabs dann
was leckeres im Schuh (und die Möhre war weg!).

Auch wurden wir an einem Samstag zu den Großeltern gebracht,
denn meine Eltern mußten zu einem Gespräch beim Sinterklaas kommen
(ohje, hoffentlich erzählen die ihm nicht alles ...).
Erst als ich älter wurde, begriff ich, dass meine Eltern an diesem Samstag die Geschenke besorgt haben.

"Pakjesavond" wurde damals, als ich klein war, nur für die Großen
(Erwachsene und Kinder, die nicht mehr "gläubig" waren) gefeiert.
Für die Kleinen kam Sinterklaas nachts ..."als alle kindertjes slapen" (wenn alle Kinderchen schlafen),
heißt es in einem niederländischen Nikolauslied ... aber ich lag da immer seeeeehr lange wach
und lauschte ob ich das Pferd hörte, oben auf dem Dach.

Am nächsten Morgen, am 6. Dezember, hieß es dann:
raus aus dem Bett und husch-husch ins Wohnzimmer!
Da stand dann, so kam es uns damals vor, ein Spielzeugparadies
rund um den Kohlenherd aufgebaut für mich, meinen Bruder
und meine kleine Schwester, die noch ein Baby war.
Natürlich wurde erst noch "dank u Sinterklaasje" gesungen,
bevor wir uns auf die Geschenke stürzten.

Im Jahr darauf (meine Schwester konnte gerade laufen) wurde Ende Nov./Anfang Dez. unser Wohnzimmer umgebaut:
der Kohlenherd war schon weg und die Zentralheizung war bereits angebracht.
Aber mein Vater war noch mit allerhand Verschönerungsarbeiten zugange.
Meine Eltern beschlossen das Geschenkeparadies im Esszimmer aufzubauen
("da kommen die Kinder ja dran vorbei, wenn sie morgens ins Wohnzimmer laufen", so sagten sie sich).

Am Abend vor dem 6.12. sangen wir unsere Sinterklaaslieder vor dem leicht geöffneten Fenster,
denn am Kohlenherd singen, ging ja nicht mehr.
Ich hatte da schon sehr große Bedenken, ob das alles klappen würde mit dem Sinterklaas.

Am nächsten Morgen tapsten wir halb verschlafen ins Wohnzimmer und da stand ...

... nichts!

Bis auf den Tapeziertisch meines Vaters war das Wohnzimmer so gut wie leer.
Noch heute weiß ich, wie geschockt ich war, meinem Bruder kullerten die Tränen über die Wangen
und aus Solidarität fing auch meine kleine Schwester an zu weinen.

Und plötzlich standen, ganz leise und noch in Morgenmantel,
die Eltern hinter uns: "was ist denn los?".
"Sinterklaas hat uns vergessen", weinten wir.
"Na, dann guckt mal hinter euch im Esszimmer", schmunzelte mein Vater.

Wir drehten uns um und sahen Geschenke über Geschenke auf dem Esstisch und den Stühlen.
Und auf dem Boden stand ein wunderschönes (selbstgebautes) Schaukelpferd für meine kleine Schwester,
dass später für meine Nichte, meinen Neffe und meinen Sohn noch seinen Diensten bewies!


weiter