
Als ich fünf Jahre alt war (1955), lebte ich mit meinen Eltern in zwei Zimmern,
eine Wohnküche und ein Schlafzimmer.
Zu Heiligabend wurde ich tagsüber aus der Wohnküche "verbannt"
und durfte erst um 17.00 Uhr, frisch gewaschen, fein angezogen und nachdem
meine Mutter (natürlich für mich das Christkind) mit einem Silberglöckchen
geläutet hatte,
in die Wohnküche kommen.
Und da stand er dann - ein herrlich geschmückter Tannenbaum, an dem die Kerzen
brannten.
Erst einige Jahre später gab es aus Sicherheitsgründen eine elektrische
Lichterkette.
Der Baumbehang bestand aus liebevoll von meiner Mutter
gebastelten Goldsternen, bunten Kugeln und süßen Kleinigkeiten.
Unter dem Baum stand eine Krippe ...

... die mein Vater in eine selbst gebastelte Landschaft gesetzt hatte.
Dort "brannte" ein Lagerfeuer, an einem Gestell hing
ein Wasserkessel und die Hirten mit ihren Schafen
und einem Hütehund hatten sich um das Feuer versammelt.
Die drei Weisen aus dem Morgenland wanderten mit ihren Geschenken
und einem Kamel zum Stall, in dem außer dem Christkind in der Krippe
und Maria und Josef auch Esel, Ochse und andere Tiere zu sehen waren.
Stroh war in einer Traufe angehäuft.
Es gab auch ein "Gebirge" aus Kohleschlacken (Reste aus unserem Ofen) ausgelegt
mit Moos und mit einer Höhle, aus der ein Bär lugte, von innen schwach
beleuchtet.
Über einen See (aus glänzender Silberfolie) führte eine Holzbrücke.
Im "Gebirge" konnte man Rehe und einen Hirsch sehen.
Den Nachthimmel als Hintergrund hat mein
Vater mit einer schwarzen Pappe gestaltet, auf der ganz viele kleine Sterne
aufgeklebt waren.
Das Eintreten in das Weihnachtszimmer war für mich der allerschönste Augenblick.
Ich habe zuerst nur Augen für den Baum und die Krippe gehabt.
In jedem Jahr gab es etwas Neues zu entdecken
(eine zusätzliche Figur, ein neues Tier, eine etwas andere Gestaltung).
Wenn dann auch noch ein kleines Geschenk und ein "bunter Teller" mit
Mandarinen, Nüssen, Äpfeln, Marzipan und Spekulatius unter dem Baum lagen,
war das tatsächlich für mich der schönste Abend des Jahres.

Immer am 6. Januar zu den Heiligen Drei Königen wurde der Baum "geplündert"
und ich durfte alle Süßigkeiten abnehmen.
Danach hieß es vom schönen Baum Abschied nehmen und spätestens im Herbst
begann die Vorfreude auf ein neues Weihnachtsfest.
Im Jahr 2013 gab es für mich ein glückliches Wiedersehen mit der alten Krippe,
die mehr als 25 Jahre auf einem Dachboden über einer Schreinerei "geschlummert"
hatte
und mir wieder zurückgegeben wurde.
Die Figuren sind leider nicht mehr ganz vollständig erhalten,
einem der Könige droht der Kopf abzufallen,
aber mit ein wenig Farbe, Kleber, Geduld und Liebe ist alles wieder zu
reparieren.
~**~
Das war das vierte Türchen mit "fast wäre es ein
Schweben", den Teelichtern,
der verschlossenen Tür und dem Versprechen, den Plätzchenelchen, dem
Teelicht-Tannenbaum,
dem Zauberwald aus der Pfalz und der alten Krippe.
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