Anne erzählt:
Die Adventszeit/Weihnachten war für meine Eltern und mich immer eine besondere
Zeit.
Meine Eltern haben es verstanden, mir in dieser ganzen Zeit auch etwas "Magisches",
"Zauberhaftes", "Glänzendes" mit auf den Weg zu geben, das sich bei mir bis
heute erhalten hat
und ich nach wie vor ein Faible für diese Zeit habe.
Mein Papa hatte selbst eine kleine Krippe aus Holz gebaut.
In der Krippe gab es eine kleine Raufe, in die das Jesuskind hinein gelegt
wurde.
Als ich ca. 6 Jahre alt war, zweifelte ich langsam daran,
dass das Christkind die Geschenke brachte und begann sehr skeptisch, alles zu
betrachten.
In der Adventszeit nun sollte ich kleine Strohhalmabschnitte sammeln für jede
"gute" Tat,
die ich am Tag begangen hatte z.B. einkaufen gehen für die kranke Nachbarin,
usw..
Diese Abschnitte wurden dann am Heiligen Abend in die kleine Raufe gelegt,
damit es das Jesuskind darin weich und warm hatte.
Und je mehr man davon gesammelt hatte, umso weicher lag das Jesuskind ...
Ich hatte also fleißig gesammelt und am Morgen des Heiligen Abend
hatte ich meiner Mutter die Abschnitte übergeben, damit sie sie dem Christkind
geben konnte.
Unsere Tür zum Wohnzimmer wurde nämlich einen Tag vor Heilig Abend abgeschlossen
und ich kam nicht mehr herein.
Ich weiß nicht mehr, was ich "Gutes" an diesem Heiligabendvormittag getan habe;
jedenfalls hatte ich noch einen Strohhalm gesammelt und wollte diesen nun noch
dazu tun.
Meine Mutter sagte dann: "Ich habe dem Christkind schon alles gegeben.
Schieb ihn doch einfach unter der Wohnzimmertür durch!"
Das machte ich dann auch - aber oh Schreck - der Strohhalm kam wieder zurück!
Wieder und wieder versuchte ich es, aber nein - es klappte nicht!
Der Strohhalm kam immer wieder zurück zu mir.
Ich war ziemlich verzweifelt!
Mein Papa meinte dann, dass meine "gute Tat" vielleicht doch nicht so eine gute
Tat gewesen sei,
ich sollte mal überlegen, denn das Christkind wäre jetzt im Wohnzimmer
und würde wohl den Halm immer wieder zurück pusten!
Oh je; ich kam ins Grübeln und war der Meinung, dass es sehr wohl
eine "gute Tat" gewesen sei, die ich begangen hatte!
Meine Mutter ergriff dann Partei für mich, nahm mir den Halm ab und sagte,
sie würde selbst nochmal mit dem Christkind sprechen.
Von da an war ich wirklich wieder der festen Meinung, dass es wohl doch das
Christkind geben musste!
Denn wie konnte es sein, dass mein Halm immer wieder zurück kam zu mir?
Erst später haben mir meine Eltern dann erzählt, dass es ganz einfach am
Durchzug lag.
Das Fenster im Wohnzimmer war ein bisschen geöffnet und das Fenster in der
Küche,
die gegenüber vom Wohnzimmer war, eben auch.
Und so entstand ein leichter Durchzug, der den Strohhalm immer wieder zu mir
zurück kommen ließ.
Ich habe noch heute die Bilder im Kopf, wie ich auf dem Bauch liegend,
den Strohhalm durch unsere Wohnzimmertür befördere, durch den Spalt linse,
um zu gucken, ob ich das Christkind vielleicht erkennen kann,
gespannt warte - und wusch - der Strohhalm ist wieder da!
..~~..
Fototgrafiert habe ich den ursprünglichen Karton, in dem sich die Krippe heute
noch befindet,
von meinem Papa beschriftet und abgedeckt mit einer handbestickten
Weihnachtsdecke von meiner Mama.
Und dann natürlich noch die kleine Raufe mit Original-Strohhalmabschnitten aus
den 50ern:
Die komplette Krippe baue ich übrigens jedes Jahr zu Weihnachten auf
und bin dann immer ganz sentimental ...
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