
Karin S. (eine andere Karin als die Karin S. vom Interview letztens) erzählt:
Speziell in diesem Jahr drängen sich mir sehr alte, 50 Jahre alte,
Erinnerungen an die Weihnachtszeiten meiner Kindheit auf.
Ich hatte eine unbeschwerte Kindheit, so gut eben, wie sie es in den 60iger
Jahren möglich war.
Ich hatte zu der Zeit noch 2 Großmütter, eine schon betagt und sehr taub,
die andere noch recht jung (damals in den 50igern, so alt wie ich es nun bin)
und sehr lustig.
Zum Leidwesen der Älteren zog es mich mehr zu der lustigen, jüngeren hin.
Ich war lange das einzige Enkelkind.
Erst als ich 4 Jahre alt war kam mein Bruder dazu.
So kommt es, dass in meiner kleinen Geschichte mein Bruder keine Rolle spielt.
Ich war so begeistert von meiner lustigen Oma, dass ich häufig am Wochenende,
wenn sie nicht arbeiten musste, bei Ihr übernachten durfte.
In der Adventszeit, an einem dieser Wochenenden, begann eine Tradition,
die einige Jahre anhalten sollte.
Meine Oma verkleidete sich als Joseph - sie brauchte natürlich einen Wanderstock
und nahm dazu den Besen - und ich mich, mit Hilfe eines Unterrockes meiner Oma
und einem alten Vorhangrest, als Maria.
Und nun begann das eigentliche Krippenspiel:
wir wanderten als Herbergssuchende von fiktiver Tür zu fiktiver Tür
und sangen dazu das alte Weihnachtslied aus Tirol: "Wer klopfet an?".
Ich war immer sehr traurig und ergriffen von der Geschichte,
ich kam immer wieder auf dieses Lied zurück und so spielten wir die ganze
Weihnachtszeit hindurch "Josef und Maria".
Schon damals als 4jährige war es mir unverständlich,
wie man zwei Hilfesuchende einfach so stehen lassen konnte.
Wie doch so eine Erinnerung das Leben prägen kann.
Es ist eine der vielen Erinnerungen, die jedes Jahr die Weihnachtszeit
begleiten,
aber ganz besonders intensiv die Weihnachtszeit in diesem Jahr.
Hier der Text des Weihnachtsliedes, es wird abwechselnd von 2 Sängern gesungen:
Wer klopfet an? "O zwei gar arme Leut!"
Was wollt ihr dann? "O gebt uns Herberg heut
O, durch Gottes Lieb wir bitten, öffnet uns doch eure Hütten!
O nein, oh, nein! "O lasset uns doch ein!"
Es kann nicht sein - "Wir wollen dankbar sein!"
Nein, nein, nein, es kann nicht sein
Da geht nur fort, ihr kommt nicht rein.
Wer vor der Tür? - "Ein Weib mit ihrem Mann."
Was wollt ihr denn? - "Hört unser Bitten an!
Lasset heut bei Euch uns wohnen
Gott wird Euch schon alles lohnen!"
Was zahlt ihr mir? - "Kein Geld besitzen wir!"
Dann geht von hier! - "O öffnet uns die Tür!"
Ei, macht mir kein Ungestüm,
Da packt euch, geht woanders hin!
Wer da noch heut? O Lieber, komm heraus!
Sind's Bettelleut? O öffnet uns das Haus!
Freunde, habt mit uns Erbarmen
einen Winkel gönnt uns Armen!
Da ist nichts leer! So weit gehn wir heut her!
Ich kann nicht mehr! O lieber Gott und Herr!
Ei, die Bettelsprach führt ihr
ich kenn sie schon, geht nur von hier!
Was weinet ihr? - "Vor Kält erstarren wir."
Wer kann dafür? - "O gebt uns doch Quartier!
Überall sind wir verstoßen, jedes Tor ist uns verschlossen!"
So bleibt halt drauß! - "O öffnet uns das Haus!"
Da wird nichts draus. - "Zeigt uns ein andres Haus."
Dort geht hin zur nächsten Tür!
Ich hab nicht Platz, geht nur von hier!
Ihr kommt zu spät! So heißt es überall!
Da geht nur, gehtl O Freund, nur heut einmal!
Morgen wird der Heiland kommen
dieser liebt und lohnt die Frommen
Liegt mir nichts dran! Seht unser Elend an
Geht mich nichts an! Habt Mitleid, lieber Mann
Schweigt mir gleich, laßt mich in Ruh
jetzt geht, ich schließ die Tür schon zu
Da geht nur fort! - "O Freund, wohin? Wo aus?"
Ein Viehstall dort! - "Geh, Joseph, nur hinaus!
O mein Kind, nach Gottes Willen
Mußt du schon die Armut fühlen."
Jetzt packt euch fort! - "O, dies sind harte Wort'!"
Zum Viehstall dort! - "O, wohl ein schlechter Ort!"
Ei, der Ort ist gut für euch;
Ihr braucht nicht viel. Da geht nur gleich!
Komm Sünder her!
Jetzt Sünder hör mich an
Ja komm nur her. Und hör was du getan
Du hast Jesum so verstoßen
hast ihm jede Tür verschlossen
O Sünder wein! O sieh dein Jesulein
muß jetzt o Pein! Im kalten Stalle sein
O wie grausam ist die Sünd
die so verstößt das beste Kind.
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