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"Asso, bei Fuß" schallte es durch den
Dezember-Abend. Rudolf, der wie jeden Tag einen ausgedehnten Spaziergang
machte, rief seinen Hund zurück. Dieser war bellend zu den Sträuchern am
Rand einer Wiese gerannt und, da der Hund alles essen wollte, was auch
nur im Entferntesten danach aussieht, pfiff er ihn lieber zurück. Bevor Asso noch etwas Ungenießbares zu sich nahm.
Rudolf wollte weitergehen, als er sah, dass sich dort, wo der Hund
gerade war, etwas bewegte. Er rieb sich die Augen ... und es bewegte
sich immer noch. Und, wenn er genauer hinschaute, schien es ziemlich
groß und weiß zu sein. Was kann weiß sein und in den Sträuchern
rascheln. Merkwürdig ...
Vorsichtig ging Rudolf über die Wiese, um mal nachzuschauen.
Als er ein paar Meter entfernt war, hörte er eine helle, sehr angenehme
Stimme, die allerdings gerade am Fluchen und Weinen war. "So'n Mist,
hätt' ich mich doch festgehalten" sagte die Stimme.
"Das ist doch ..." Rudolf stutzte "... ein kleines Mädchen". Vorsichtig
half er dem Mädchen aus dem Gebüsch. "Pass doch auf, mein Flügel, der
ist eh schon verbogen" sagte die Kleine und da fiel es auch Rudolf auf,
das kleine Mädchen hatte Flügel.
"Ein Engel" entfuhr es dem Schreinermeister in Rente, dann schüttelte er
lachend den Kopf und sagte "du bist aber früh dran, Fasching ist doch
erst in drei Monaten".
Meinte das Mädchen "veräppeln kann ich mich selbst, ich heiße Luisa und
bin ein Engel".
"Ja, mein Engel" sagte Rudolf väterlich und wollte die Flügel etwas
zurechtrücken. "Aua" schallte es ihm entgegen, "reicht es nicht, dass
meine Flügel verbogen sind, musst du auch noch daran zerren".
Rudolfs Gesichtsfarbe wechselte in Richtung blass, als er sah, dass das
wirklich ein Engel war. Zwar nicht mehr reinweiß, sondern durch die
Landung mit grünen und braunen Flecken, aber wirklich ein Engel.
Rudolf wurde auf einmal ganz anders ... "mir wurde ein Engel geschickt"
sagte er erfurchtsvoll.
"Ah ba, nix geschickt, ich bin vom Schlitten gefallen" bekam er als
Antwort.
"Vom Schlitten gefallen ? ..."
(wird fortgesetzt)
weiter
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