Folge 9
(die Folgen 1-8 sind zum Nachlesen unter dem weiter-Link zu finden)
("Heiliger Abend, so gegen sieben Uhr
abends. Rudolf saß halb eingenickt in seinem Sessel, Asso direkt neben
seinen Füßen. Der Fernseher lief im Hintergrund und spielte heile
weihnachtliche Welt. Doch für Rudolf war das ein Tag wie jeder andere.
Eher noch trauriger als sonst, weil ihm schmerzlich bewusst wurde, wie
alleine er war.
Auf einmal klopfte es an der Tür. Rudolf schreckte hoch ...)
Rudolf ging zur Tür und öffnete. Erst die
Tür und dann voller Erstaunen den Mund. Sowohl Tür als auch Mund blieben bis auf
weiteres offen.
"Das gibt es doch nicht" sagte er atemlos. "Doch, das gibt es" kam die Antwort.
Und nun wurde Rudi gleich von vier Personen umarmt. Denn sein Sohn war mit Frau
und den beiden Kindern gekommen. Aus Kanada eingeflogen.
"Sagt mal, seid ihr es wirklich", "Mensch, seid ihr groß geworden" und "erzählt
doch mal" ...
Und dann begann der Sohn zu erzählen. Er wurde ganz ernst dabei und sagte dem
Vater, dass er schon die ganze Zeit Gewissensbisse hatte, den Vater so zu
vernachlässigen. Er wäre schon längst gerne zu Besuch gekommen, aber ... und nun
stockte der Redefluss "aber wir hatten kein Geld. Ich habe mich nicht getraut,
es dir zu sagen. Du hättest mir dann unbedingt aushelfen wollen, dabei hast du
selbst nicht viel mit Deiner kleinen Rente. Und ich war auch ein bisschen zu
stolz dazu, muss ich ehrlich zugeben, ich wollte nicht, dass du weißt, dass
dein Sohn, der mit großen Plänen und Sprüchen nach Amerika gezogen ist, nun dort
ganz kleine Brötchen backen muss".
"Mensch, Junge, dummer Junge ... warum hast du mir nichts gesagt." sagte Rudolf,
aber mehr wollte er nicht schimpfen, denn insgeheim ... hatte er sich selbst im
Verhalten seines Sohnes wiedererkannt. Er hätte in jungen Jahren genauso
gehandelt. "Ach, ist das schön, dass ihr wieder da seid" wechselte er das Thema,
musste aber noch mal nachhaken "und es ist schön, dass die Geschäfte jetzt wieder
besser laufen und ihr hierher fliegen konntet".
"Tja, Paps" meinte sein Sohn "dem ist nicht ganz so. Das wird bestimmt in ein,
zwei Jahren besser laufen mit den Geschäften, aber im Moment ist es noch nicht
so toll. Dass wir heute hier sind, hast du einem unverschämten Glück zu
verdanken. Denn Maria hat hinter meinem Rücken ein Lotterielos gekauft und du
wirst es nicht glauben, wir haben gewonnen. Nicht viel, aber doch genug, um den
Flug hierher mit vier Personen bezahlen zu können. Wenn es dir recht ist, dann
bleiben wir bis Neujahr. Unser Rückflug ist am 3.1."
Die Antwort von Rudolf war wieder typisch für ihn "aber nun habe ich gar keine
Silvesterraketen im Haus". "Ach, dann kaufen wir eben welche" meinte sein Sohn
und dann noch "weißt du, ich Depp habe noch sehr geschimpft mit meiner Frau,
weil sie das Los gekauft hat. Und das nur, weil sie nachts von einem kleinen
Engel geträumt hat, der ihr sagte, sie solle gleich morgen früh ein Los kaufen.
Aber jetzt, wo wir gewonnen haben, könnte man wirklich glauben, dass an Träumen
und Engeln etwas Wahres dran ist"
Sein Vater brummelte in den Bart hinein "an Träumen weiß ich nicht, aber an
Engeln schon". "Was meinst du, Vater?" Doch Rudolf meinte nur "ach, nichts",
aber er drehte sich dabei um, dass die anderen sein Lachen nicht sehen konnten.
Wieder klingelte es an der Tür.
(wird fortgesetzt)
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Folge 8
"Aber es war doch so schön, mit dir zu
fliegen" meinte Luisa und dann noch "na, wenigstens bis zu dem Zeitpunkt, wo ich
mitten in der Luft wieder aufwachte".
"Komm rein und wärme dich auf" sagte Rudolf. "Tut mir leid, das geht nicht, ich
habe mit dem Suchen sehr viel Zeit verloren und das bei meinem engen Terminplan.
Die Tiere sind zwar müde, aber bis nach Hause schaffen sie es schon noch". Dann
ging der Weihnachtsmann auf Rudolf zu und umarmte auch diesen ganz fest. Und er
sagte "das werde ich Dir nie vergessen, mein Freund".
Luisa mischte sich ein und meinte keck "Opa, weißt du denn, wie dieser Herr
heißt ... er heißt auch Rudolf". "Das ist ja 'nen Ding" ertönte wieder die
Baßstimme, gefolgt von einem tiefen, lauten und herzlichen Lachen. Und dann
drückte er noch einmal den Rudolf.
Während dieser Umarmung sah Rudolf, dass er sich wirklich nicht getäuscht hatte,
der Weihnachtsmann hatte doch wahrhaftig einen Trainingsanzug an. Graues
Flanell. Da musste Rudolf nun doch mal fragen "ich dachte, Weihnachtsmänner
kämen immer in rot". "Aber ich ziehe doch nicht für eine Probefahrt mit meinem
Schlitten meine guten Kleider an" erhielt er die lachende Antwort.
Die Abschiedszeremonie danach war kurz, aber um so herzlich und schon war der
Schlitten wieder im Himmel verschwunden. Rudolf hatte Luisa noch nachgerufen
"und nächstes Jahr, da fällst Du bitte wieder vom Schlitten" und erhielt die
Antwort "geht nicht, nächstes Jahr kann ich doch schon richtig gut fliegen".
Nun war wieder Stille im Vorgarten. Rudolf rieb sich die Augen, als wolle er
prüfen, ob das alles wirklich passiert ist oder er nur geträumt hat. Doch die
langsam kalt werdenden Zehen sagten ihm, dass das kein Traum war.
Zwei Wochen später ...
Heiliger Abend, so gegen sieben Uhr abends. Rudolf saß halb eingenickt in seinem
Sessel, Asso direkt neben seinen Füßen. Der Fernseher lief im Hintergrund und
spielte heile weihnachtliche Welt. Doch für Rudolf war das ein Tag wie jeder
andere. Eher noch trauriger als sonst, weil ihm schmerzlich bewusst wurde, wie
alleine er war.
Auf einmal klopfte es an der Tür. Rudolf schreckte hoch ...
Folge 7
Rudolf und Luisa schauten sich an mit einer Mischung aus Hoffnung
und Resignation.
Luisa ging auf einmal in Richtung Haus ... "willst du rein, ist dir kalt"
fragte Rudolf.
Doch Luisa antwortete nicht und ging einfach weiter. Sie schien nicht
mehr dran zu glauben, dass ihr Opa die Raketen gesehen hat. Sie schaute
nicht mehr zurück und war kurz darauf im Haus verschwunden. Dafür war
nun Asso da. Er hatte die Gelegenheit, als die Tür geöffnet wurde,
genutzt und stand nun im Vorgarten und bellte den Himmel an.
"Du, ich glaub', bellen nutzt da nix" sagte Rudolf zu ihm und
streichelte den Hund.
Doch der ließ sich nicht beruhigen und bellte immer lauter.
Rudolf, der sich wie Rudi Ratlos vorkam ... ein trauriger Engel im Haus,
ein sonst so ruhiger Hund, der wild bellend neben ihm stand ... bis auf
einmal der Grund des Bellens auf der benachbarten Wiese landete.
Ein wunderschöner blinkender Weihnachtsschlitten mit kräftigen Rentieren
davor war sanft auf die Wiese geschwebt. Ihm entstieg ein älterer Herr
mit weißem Bart und dieser kam auch gleich auf Rudolf zu, der ihn mit
aufgerissenen Augen anschaute.
"Waren sie das mit dem Feuerwerk" tönte auf einmal eine dunkle Baßstimme
durch die Nacht. "Ja" antwortete Rudolf und stotterte dabei ein wenig.
Das war doch etwas viel Aufregung für einen Tag.
Ehe Rudolf antworten konnte, öffnete Luisa die Tür und stürmte an ihm
vorbei, direkt in die Arme vom Weihnachtsmann. "Opi, Opi, gottseidank,
Du bist wieder da" rief sie und dann heulte sie mal wieder, diesmal aber
vor Freude.
"Ja, der Opi ist wieder da. Ich habe das Feuerwerk gesehen und mich
gewundert, wieso zu dieser Jahreszeit dort unten ein Feuerwerk
stattfindet. Ich habe zwar nicht so recht geglaubt, dass das mit Dir,
mein Engel, etwas zu tun hat, aber ich bin halt jeder noch so kleinen
Spur nachgefahren. Mensch, bin ich froh, dich wieder in meinen Armen zu
haben ... was hab ich mich verflucht, dass ich dir erlaubt hatte, mit
dem Schlitten mitzufahren !" und dann drückte der Weihnachtsmann den
Engel ganz fest an sich.
Folge 6
"Hey, das ist ja 'ne klasse Idee" freute
sich Luisa und lachte dabei. Ein strahlendes Lachen, wie das nur Engel können.
Und von drinnen kam ein kurzes Bellen, als wenn Asso mitgehört hätte.
Rudolf hatte inzwischen die Raketen in den Boden des Vorgarten gesteckt und
hantierte mit einem Feuerzeug. Ganz neugierig stand Luisa daneben. "Geh bitte
etwas zur Seite, wir wollen doch nicht, dass deine Flügel Feuer fangen."
Und nun flogen die ersten Silvesterraketen und beleuchteten den eben noch
dunklen Dezemberhimmel mit einer herrlichen Farbenpracht. Luisa stand mit
genauso leuchtenden und staunenden Augen daneben.
Rudolf musste lachen, als er Luisa sah. Ein kleiner Engel, gehüllt in eine dicke
Daunenjacke, die ihr Rudolf gegeben hatte und die fast bis auf den Boden
reichte.
Luisa ärgerte sich diesmal aber nicht, dass Rudolf lachte, sie war viel zu gut
gelaunt und voller Hoffnung, das Opa sie nun finden würde.
"Feierst Du immer Silvester mit Raketen" fragte sie.
"Nein, ich feiere Silvester gar nicht. Ich habe die Raketen nur deswegen im
Keller, weil ich jedes Jahr aufs Neue hoffe, dass vielleicht doch mein Sohn aus
Amerika mit seinen Kindern zu Weihnachten kommt und ein, zwei Wochen bleibt. Und
so liegen die Raketen und Knaller halt im Keller. Na, wenigstens haben sie nun
ihren Zweck erfüllt und für leuchtende Augen gesorgt"
Und so standen nun die Beiden um Mitternacht im Vorgarten. Die Raketen waren
wieder erloschen, das leise Bellen der Hunde in den ein gutes Stück entfernten
Nachbarhäusern war verebbt. Die Nacht war still. Weit und breit nichts von
Schlitten und Opa zu sehen.
"Vielleicht hat er die Raketen doch nicht gesehen" sagte Luisa und fing dann an,
ganz laut zu schluchzen ... Rudolf schaute Luisa an, dann in den Himmel und dann
wieder zu dem Engel. Er wusste nicht, was er sagen sollte, er war ratlos ...
Folge 5
"Rudolf öffnete den Karton. Luisa stand ganz
ungeduldig daneben und war neugierig auf das, was Rudolf wohl dort rauszaubern
würde.
"Was ist das denn ?" fragte sie und Rudolf antwortete "das sind
Feuerwerksraketen"
Luisa ging schmollend in den Sessel zurück "ich will zu meinem Großvater und du
hast nichts anderes im Sinn, als ein Feuerwerk zu machen".
"Ja, habe ich und sogar ein ganz großes - komm mit"
"Nein, ich mag nicht ..."
"Dann gehe ich eben alleine deinen Opa rufen"
Luisas Gesicht war ein einziges Fragezeichen, aber das Wort "Opa" ließ sie nicht
mehr länger in der Ecke sitzen. Sie folgte Rudolf ins Freie. Asso wollte auch
mit, aber er durfte nicht. "Nein, Asso, das geht nicht, du hast doch immer Angst
beim Feuerwerk, ich hole dich dann später" hat ihm Rudolf freundschaftlich
gesagt und Asso verzog sich wieder in sein Körbchen. Allerdings nicht schlafend,
sondern in Wartestellung.
Auf einmal lachte der Engel "stimmt's, du willst mich mit einer Rakete in den
Himmel zu Opa schießen ? Das ist ja klasse !!".
"Nein, das geht doch nicht, du bist zwar ein kleiner Engel, aber doch zu schwer
für eine Silvesterrakete. Und wir wollen doch nicht, dass du wieder im Gebüsch
landest" lachte Rudolf.
Luisa schmollte nun ein bisschen "ja, ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Das
musst du mir nicht immer wieder sagen. Sag mir lieber, was du vorhast" drängelte
nun das kleine himmlische leicht ärgerliche Wesen.
Rudolf antwortete ihr und dabei sah er sie liebevoll an "es ist doch ganz
bestimmt so, dass dein Opa dich sucht. So wird er da oben irgendwo seine Runden
drehen und schauen, ob er irgendetwas Auffälliges sieht. Und was gibt es denn
Auffälligeres als ein Feuerwerk mitten im Dezember?"
Folge 4
"Ja", sagte er, "seit fünf Jahren wohne ich ganz alleine hier". Er hielt
kurz inne, trank einen Schluck Tee und hoffte, dass er nicht anfing,
richtig zu heulen. Er seufzte noch mal und fuhr dann etwas gefestigt
fort "Gerlinde, meine Frau, ist vor fünf Jahren gestorben. Krebs, es
ging ganz schnell. Asso war damals ein Jahr alt ... er ist mir als Erinnerung an die
langen gemeinsamen Spaziergänge geblieben. Und so gehe ich heute noch unsere
Wege über die Felder".
"Hast du denn keine Kinder" unterbrach in Luisa.
"Doch, sogar zwei Stück. Aber weißt du, mein Engel, die leben ihr eigenes Leben.
Harald, mein ältester Sohn lebt in Amerika mit seiner Frau und zwei Kindern. Zu
Weihnachten wird eine Karte kommen mit vielen Wünschen, mehr nicht. Und dann
habe ich noch eine Tochter, die lebt in München. Sie habe ich vor drei Jahren
bei Ihrer Hochzeit zum letzten Mal gesehen. Ach Mensch ..." und jetzt liefen
doch ein paar Tränen über seine Wangen "hätte ich sie doch bloß nicht vor ihrem
Freund warnen wollen. Aber ich konnte einfach nicht anders, ich sehe doch einem
Menschen an, ob er es ehrlich meint. Und dieser Jens meinte es nicht gut mit
meiner Tochter. Aber sie hat sich furchtbar darüber aufgeregt, dass ich
dazwischen geredet habe und wir sind im Unfrieden auseinander. Ein paar Monate
später habe ich ihr einen langen Brief geschrieben, aber er kam unzustellbar
zurück. Ich weiß nicht, wo und wie meine Tochter nun lebt."
Und nun heulte er ... und es war nun der Engel Luisa, der Rudolf liebevoll in den Arm
nahm.
Rudolf fing sich wieder "aber heut ist heut und wir haben im Moment ganz andere
Probleme. Wir müssen es irgendwie schaffen, dass du wieder zu deinem Opa
zurückkommst."
Luisa saß ratlos daneben "aber was können wir tun ?".
Und wieder ergriff eine melancholische Stille den Raum.
Auf einmal blitzte es in Rudolfs Augen, "ich hab da eine Idee" sagte er, sah
dabei um viele Jahre jünger aus, stand auf und ging die Treppe hinunter in den
Keller. Julia hörte, dass er ein paar Kisten zur Seite schob, auf einmal "ah, da
ist er ja" sagte und wieder die Treppe heraufkam.
Rudolf hatte einen mittelgroßen Karton in der Hand und sagte zu Luisa "schau mal,
was ich da hab ..."
Folge 3
Nun saßen die Drei im gedämpften Licht vor ihren duftenden Teetassen. "Kaminfeuer-Tee",
sagt Rudolf "ich liebe diesen Tee, er bringt ein bisschen Wärme in die
Vorweihnachtszeit".
Doch so ganz stimmte das an diesem Tag nicht
Denn Rudolf sah eine kleine Träne in Luisas Auge. "Ich weiß, du hast Sehnsucht
nach deinem Opa" sagte er ganz sanft.
"Ja" schluchzte der Engel, "wo er wohl sein mag und ob er mich sucht ?".
"Bestimmt sucht er dich !"
"Aber wie soll er mich finden, er weiß doch nicht, dass ich hier bei Dir sitze"
"Hmm, da hast du recht, da müssen wir uns etwas einfallen lassen ... aber was ?"
kurze, ratlose Pause ...
Rudolf unterbrach die Stille "darf ich dich mal was fragen ?"
"Was denn ?"
"Was habt ihr denn eigentlich schon so früh dort oben gemacht, es ist doch erst
in zwei Wochen der Tag der Bescherung ?"
Die Antwort kam sofort "Opa hat seinen neuen Schlitten Probe gefahren. Ganz neu
ist der Schlitten, der hat in der Sonne ganz toll geblinkt. Ein richtig schöner
Schlitten. Und ich bin aus ihm rausgefallen ... ich will zurück zu meinem Opa"
... und wieder war Luisa dem Weinen ganz nah ...
Da Rudolf aber im Moment auch keine Lösung wusste, wurde es ganz still in dem
Raum. Die Gedanken mischten sich mit dem Rauch der Kerzen und die Stimmung war
gedrückt. Asso hatte sich inzwischen in sein Körbchen zurückgezogen und schien
zu träumen, wie man an seinen zuckenden Pfoten sehen konnte.
Diesmal war es Luisa, die die Stille unterbrach: "wohnst du ganz alleine hier ?"
Und jetzt war es Rudolf, dem eine Träne im Auge stand.
Folge 2
"Ja, vom Schlitten gefallen" und dann begann
Luisa zu erzählen, schluchzend und ärgerlich zugleich. "Jetzt habe ich solange
gebettelt, bis ich endlich beim Opa mit auf den Weihnachtsschlitten durfte und
dann falle ich dort runter. Opa hat noch gesagt, dass das gefährlich sein kann,
wenn der Schlitten in eine Kurve geht, aber ich hab' versprochen, dass ich mich
gut festhalten werde.
Und dann bin ich eingeschlafen durch das gleichmäßige
Hoppeln des Schlittens. Und weil ich gestern Nacht vor lauter Vorfreude kaum
geschlafen habe."
Rudolf hörte dem Mädchen zu und dachte zu sich "so eine Enkelin habe ich mir
immer gewünscht". Fast wollte eine Träne in sein Auge steigen, doch er fing sich
wieder und fragte Luisa "aber Engel können doch fliegen ?".
"Ja, aber ich komme doch erst nächstes Jahr in die Flugschule für die weiten
Strecken. Mal kurz von Wolke zu Wolke, das klappt schon, aber als ich vom
Schlitten fiel und der bereits zu weit weg war, um zu rufen, da habe ich das
flugtechnisch nicht so auf die Reihe gekriegt. Ich bin dann immer näher zur Erde
gekommen und hier fliegt es sich viel schwerer, weil die Luft dicker ist als
dort oben, ich habe es gerade noch geschafft, so zu landen, dass ich mir die
Flügel nicht breche. Aber verbogen sind sie schon. So'n Mist !!"
"Dürfen denn kleine Engel fluchen" fragte Rudolf und der ansonsten weiße Engel
wurde auf einmal etwas rot im Gesicht und ganz verlegen.
Rudolf drückte die Kleine und jetzt kam auch Asso, der die ganze Zeit das
Geschehen misstrauisch beobachtet hatte, zu den Zweien. Und drückte sich ganz
liebevoll an den Engel.
"Wie heißt ihr Zwei denn" fragte sie und erhielt die Antwort "das da ist Asso
und ich bin der Rudolf".
"Rudolf ... du heißt genau wie mein Opa" lachte das Mädchen, wurde dann aber
ganz ernst und meinte "und der ist mit dem Schlitten jetzt wasweissichwo ...".
"Komm, wir gehen jetzt erst mal nach Hause und machen uns einen warmen Tee"
sagte Rudolf und die ungleichen Drei zwischen Himmel und Erde machten sich auf
den Weg ...
--
Folge 1
"Asso, bei Fuß" schallte es durch den
Dezember-Abend. Rudolf, der wie jeden Tag einen ausgedehnten Spaziergang
machte, rief seinen Hund zurück. Dieser war bellend zu den Sträuchern am
Rand einer Wiese gerannt und, da der Hund alles essen wollte, was auch
nur im Entferntesten danach aussieht, pfiff er ihn lieber zurück. Bevor Asso noch etwas Ungenießbares zu sich nahm.
Rudolf wollte weitergehen, als er sah, dass sich dort, wo der Hund
gerade war, etwas bewegte. Er rieb sich die Augen ... und es bewegte
sich immer noch. Und, wenn er genauer hinschaute, schien es ziemlich
groß und weiß zu sein. Was kann weiß sein und in den Sträuchern
rascheln. Merkwürdig ...
Vorsichtig ging Rudolf über die Wiese, um mal nachzuschauen.
Als er ein paar Meter entfernt war, hörte er eine helle, sehr angenehme
Stimme, die allerdings gerade am Fluchen und Weinen war. "So'n Mist,
hätt' ich mich doch festgehalten" sagte die Stimme.
"Das ist doch ..." Rudolf stutzte "... ein kleines Mädchen". Vorsichtig
half er dem Mädchen aus dem Gebüsch. "Pass doch auf, mein Flügel, der
ist eh schon verbogen" sagte die Kleine und da fiel es auch Rudolf auf,
das kleine Mädchen hatte Flügel.
"Ein Engel" entfuhr es dem Schreinermeister in Rente, dann schüttelte er
lachend den Kopf und sagte "du bist aber früh dran, Fasching ist doch
erst in drei Monaten".
Meinte das Mädchen "veräppeln kann ich mich selbst, ich heiße Luisa und
bin ein Engel".
"Ja, mein Engel" sagte Rudolf väterlich und wollte die Flügel etwas
zurechtrücken. "Aua" schallte es ihm entgegen, "reicht es nicht, dass
meine Flügel verbogen sind, musst du auch noch daran zerren".
Rudolfs Gesichtsfarbe wechselte in Richtung blass, als er sah, dass das
wirklich ein Engel war. Zwar nicht mehr reinweiß, sondern durch die
Landung mit grünen und braunen Flecken, aber wirklich ein Engel.
Rudolf wurde auf einmal ganz anders ... "mir wurde ein Engel geschickt"
sagte er erfurchtsvoll.
"Ah ba, nix geschickt, ich bin vom Schlitten gefallen" bekam er als
Antwort.
"Vom Schlitten gefallen ? ..."
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