Nora erzählt:

Weihnachten – einmal anders ... Teil 2 (Fortsetzung von gestern):

Am Heiligen Abend war die Stimmung eine ganz eigene.

Beim Mittagsgebet waren mehr Menschen als sonst, und ich hatte für jeden eine kleine Kerze
und einen Text vorbereitet – alle haben sich gefreut.
Eine Frau hat mir gesagt "Ich sehe von meiner Wohnung aus immer das Licht
hoch oben im Turm, und jetzt wollte ich einmal sehen, wer da dahinter steckt",
so ist das auch eine Art Leuchtturm in der Stadt.

Einige Freunde von mir waren auch gekommen, um mir frohe Weihnachten zu wünschen
und haben Kleinigkeiten mitgebracht (nichts Schweres – man muss alles hinauftragen!).

Am Abend ist dann auch die Stadt ruhig geworden, der Verkehr verschwand fast völlig
und das hektische Treiben war zu Ende.
Ich bin zur feierlichen Vesper hinuntergegangen in den Dom – Abstieg in der Finsternis
(es gibt im oberen Teil nur eine Notbeleuchtung), wenn das Licht der Taschenlampe
irgendwo ins Leere geht, war schon etwas unheimlich.

Nach dem Gottesdienst gab's noch Weihnachtswünsche von Bekannten und dann den mühsamen Aufstieg.
Nach einem feinen Abendessen (Kolping hatte das wirklich festlich vorbereitet) setzte ich mich
ans Fenster und dachte an die vielen Menschen da unten.

Von dem Fenster hat man auch fast alle Krankenhäuser der Stadt im Blick,
und da gehen die Gedanken und Wünsche schon sehr zu jenen,
die dort Weihnachten verbringen (müssen), als Patienten, aber auch als Ärzte und Pflegende.

An manchen Fenstern sah ich die Lichter von Christbäumen,
freute mich daran und wünschte den Menschen eine schöne Feier.

Ich hatte auch einen kleinen CD-Player mitgenommen, und legte mir dann schöne Weihnachtsmusik auf;
zu meiner freudigen Überraschung war auf der CD auch das Weihnachtsevangelium zu hören.
Ich hatte das Gefühl, dass es extra für mich vorgelesen wurde!

Es war ein stiller Abend, aber wohltuend anders als sonst.
Und wohl auch dem näher, was Weihnachten eigentlich ist.
Mit den Texten des Stundenbuchs, die von vielen Menschen gebetet werden,
fühlte ich mich hineingenommen in eine Gemeinschaft, auch im Alleinsein.

Irgendwann ging ich dann zu Bett; Zur Christmette um Mitternacht stieg ich nicht hinunter,
dafür schienen mir meine Kräfte nicht ausreichend (vor allem für den anschließenden Aufstieg!).

Aber ich hörte um Mitternacht das große, festliche Geläut der Domglocken und freute mich darüber.

Am nächsten Tag, zum feierlichen Bischofshochamt, war ich dann natürlich im Dom.
Aber der Aufstieg brachte eine unangenehme Überraschung.
War das Wetter bis dahin herbstlich kühl gewesen, schlug es jetzt um und stürmte und regnete heftig.
Und – was eigentlich klar ist, aber was ich bis jetzt nicht realisiert hatte – dort,
wo die Glocken hängen, sind die Fenster nicht verglast, sondern nur mit einem Gitternetz versehen.

Das heißt, die Stiege war in diesem Bereich klatschnass.
Ich kam heil hinauf, und meine Überlegungen, was sein wird, wenn es friert,
beendete ich mit dem Gedanken, dass ich im Notfall ja mit dem Handy jemanden erreichen kann.

Tatsächlich hatte der Wind dann ohnehin fast alles abgetrocknet,
nur meine Fußtritte waren "angefroren", aber da konnte ich ja leicht ausweichen.

Zu danken habe ich da noch einem befreundeten Ehepaar, die mir meinen Rucksack
hinauf- und hinuntergetragen haben, allein wäre das nur sehr schlecht gegangen!

Und so ging am 26.12. eine Woche zu Ende, die ich nicht missen möchte.

Ich habe in der Stille einige neue Ansätze auch für mein Leben gefunden,
und ich hoffe, dass meine guten Gedanken und Gebete für die Stadt auch ihre Wirkung getan haben.

Das Projekt "TurmeremitIn im Mariendom" gibt es noch, allerdings nicht mehr ganzjährig.
Es wird immer noch sehr gern in Anspruch genommen – und es hat bis heute keiner "abgebrochen",
man kann die Woche natürlich früher beenden, wenn es nicht passt.
Und so wünsche ich allen weiteren Turmeremiten eine gute Zeit!

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