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25. Dezember 2018


Heute kommt die versprochene

Überraschung

heute gibt es etwas ganz besonderes.

Denn ich hatte doch drum gebeten, das sich meldet ...



... wer bei den Texten zu diesem gestickten Adventskalender mitmachen will.
Viele hatten sich gemeldet, einen Teil davon habe ich hier veröffentlicht.

Die Mira (besinnlich) hatte sich auch gemeldet ... und die hatte eine ganz besondere Idee:

Sie wollte nicht zu jedem einzelnen Bild etwas schreiben,
sondern mit den Bildern von 1 angefangen bis 24 eine große Geschichte dazu schreiben.

Und hier ist sie:



An einem grauen, verregneten Nachmittag, dem Vortag des ersten Advents,
nahm Janka ihren kleinen Sohn Max mit hinaus in den Garten,
wo sie Tannengrün für einen Adventskranz schneiden wollte.

Wie staunten die beiden, als sie am Zaun direkt neben der großen alten Tanne
einen roten Kasten mit einem schmalen Schlitz entdeckten,
verziert mit einem goldenen Posthorn und der Aufschrift Weihnachtspostamt.

Begeistert rief Janka:
"Schau, Max! Hier kannst du deinen Wunschzettel für das Christkind einwerfen."



Weil Max noch zu klein war, um seinen Wunschzettel zu schreiben,
gab Janka ihm ein großes Blatt Zeichenkarton und alle seine Buntstifte.

Emsig machte sich der Junge an die Arbeit und musste immer wieder von vorn anfangen,
denn es war gar nicht so leicht, einen Kreis auf das Papier zu zeichnen.

Der erste war zu klein, der zweite, den Max um den ersten Kreis herum zog,
sah eher aus wie ein Osterei.
Der dritte, größte Kreis gelang schließlich,
doch nun waren die Linien der anderen Kreise noch zu sehen.

Die übermalte der Junge mit all seinen bunten Stiften, und als er damit fertig war,
befand sich auf seinem Wunschzettel ein großer kunterbunter Ball,
den sich der kleine Junge mehr als alles andere wünschte.



Janka hatte natürlich gesehen, welchen Wunsch ihr Sohn aufgemalt hatte,
und so fuhr sie am nächsten Tag in die Stadt und durchstreifte die Spielzeugläden
auf der Suche nach einem besonders großen und besonders bunten Ball.

Sicher konnte das Christkind bei der Vielzahl an Wünschen jede Unterstützung gebrauchen.
Außerdem wollte Janka sichergehen, dass der Wunsch ihres Sohnes möglichst genau erfüllt wurde.



Es war bereits dunkel geworden, als Janka am Rathaus vorüber kam.
Auf dem Balkon am Rathausturm hatten drei Posaunenbläser Aufstellung genommen
und spielten weihnachtliche Lieder.

Still stand die junge Frau, schaute zum Turm hinauf,
der in seinem Lichterglanz mit den Sternen um die Wette funkelte
und glitzerte und spürte ganz deutlich den Geist der Weihnacht.



Weil sie in der Vorweihnachtszeit besonders viele Besorgungen zu erledigen hatte,
kam Janka in den nächsten Tagen oft erst nach Hause,
nachdem die Oma Max bereits zu Bett gebracht hatte.

Leise schlich Janka in sein Zimmer,
um ihrem schlafenden Sohn noch einen Traumkuss auf die Stirn zugeben.

Dabei trat sie eines Abends auf den Kuschelteddy, der auf den Bettvorleger gepurzelt war.
Der sah bedauernswert aus.
Schmuddelig war er, ein Auge hing schief und war fast abgerissen und ein Ohr fehlte ganz.



Die ganze Nacht bearbeitete Janka den Teddy, wusch, nähte, stopfte und war fast fertig,
als ihr vor Erschöpfung die Augen zufielen.

Da raschelte es an der Tür, und Janka, die vorsichtig durch halb geschlossene Wimpern blinzelte,
um die Ursache für das Geräusch zu erkennen, traute ihren Augen kaum.

Die Tür, die sie eigenhändig abgeschlossen hatte,
öffnete sich einen Spalt breit und herein trat ein Nikolaus
in rotem Mantel mit Zipfelmütze und langem weißen Bart.

Er nahm Janka, die sich schlafend stellte, den Teddy aus der Hand
und siehe da, er war fertig repariert, das Ohr angenäht,
das schiefe Auge wieder eingesetzt.

Er hatte sogar eine neue rote Hose bekommen.



Am Morgen, als Janka den kleinen Max geweckt hatte,
schauten beide sehr gespannt nach den Stiefeln,
die Max an die Tür gestellt hatte.

Groß war bei Max die Freude über den Teddy mit seiner neuen roten Hose.
Noch größer war bei Janka die Verwunderung, denn neben dem Teddy
steckte im Stiefel noch ein Pferd, das genau zu dem Holzbauernhof passte,
der in Max‘ Kinderzimmer aufgebaut war.

Hatte Janka den Besuch des Nikolaus vielleicht doch nicht geträumt?



In den nächsten Tagen hatte Janka kaum Zeit, über den Nikolaus nachzudenken,
denn sie stand in jeder freien Minute in der Küche.

Zuerst mussten die Stollen gebacken werden, die bis Weihnachten noch ruhen mussten.
Dann schloss sich die Plätzchenbäckerei an.



Weil Janka so viel zu tun hatte, war sie froh, dass ihre Schwester Lubica
Max für ein paar Tage zu sich nehmen wollte.

Dort konnte er mit seiner Cousine Mila spielen und die Kinder
konnten ihre Vorfreude auf das Weihnachtsfest teilen.

Um zu Mila und Tante Lubica zu gelangen,
fuhren sie drei Stationen mit dem Zug.



Stolz zeigte Mila ihrem Cousin Max, was sie in ihrem Nikolausstiefel gefunden hatte.
Eine Kasperpuppe.
Das Mädchen liebte Kasperltheater und erzählte Max die tollsten Geschichten,
die Kasper schon erlebt hatte.



Sogar in ihrem Puppenwagen hatte sie Kasper schon spazieren gefahren.



Damit den Kindern die Zeit bis zum Fest nicht so lang wurde, ging Lubica mit den beiden in den Zoo.
Bei den Elefanten blieben sie beinahe eine Stunde, so begeistert waren
Mila und Max von den Dickhäutern mit ihren langen Rüsseln.



Auf dem Rückweg vom Zoo kamen die drei an einem Schaufenster vorbei,
in dem Sandspielzeug ausgestellt war.

"Wer braucht denn mitten im Winter Buddelförmchen?" wollte Mila wissen.
 
"Das Geschäft ist ein Reisebüro", erklärte Lubica.
"Die Menschen buchen hier Reisen in ferne Länder.
Dort ist Sommer, wenn bei uns Winter ist."



"Und diese Puppe dort mit dem bunten Kleid", wollte Max wissen,
"gibt es die auch in dem fernen Land? Spielen dort die Kinder mit solchen Puppen?"

"Diese Figur", erklärte Tante Lubica geduldig, "ist eine Sorbin in ihrer Tracht.
Nicht weit von hier im Osten unseres Landes gibt es ein Gebiet, das man den Spreewald nennt.
Da leben die Sorben, pflegen ihre alten Bräuche und tragen diese schönen bunten Trachten."



So interessant es auch war, was Lubica über ferne und nahe Reiseziele zu erzählen wusste,
die Kinder wollten zurück in Lubicas gemütliches Haus, denn inzwischen war es kalt geworden,
der Wind hatte aufgefrischt und pfiff eisig um die Ecken, und die Windräder vor dem Geschäft
gegenüber drehten sich so schnell, dass man nicht einmal mehr
die Farben ihrer Flügel unterscheiden konnte.



Zu allem Überfluss fuhr ihnen der Bus vor der Nase weg,
so dass sie den Heimweg zu Fuß antreten mussten.
Durch das große Stadttor, in dem das Heimatmuseum untergebracht war,
führte ihr Weg hinaus in den stillen Vorort, wo Milas und Lubicas zu Hause
zwischen all den anderen hübschen Häusern stand,
die im Licht des späten Winternachmittags aussahen,
wie die Häuschen aus Max‘ buntem Holzbaukasten.



Sie hatten ihr Ziel schon fast erreicht, als Geräusche an ihre Ohren drangen,
von denen sie zuerst gar nicht wussten, was es war.

Ein paar Schritte weiter erkannten sie Trommelschläge.
Was war denn das?
Wer schlug hier in den stillen Straßen am frühen Abend eine Trommel?

Noch ein paar Schritte weiter fanden sie die Antwort auf diese Frage.
An der Ecke stand ein Ausrufer in einem mittelalterlichen Kostüm,
rührte die Trommel und verkündete:



Hört, ihr Leute hier im Städtchen
all ihr Buben und ihr Mädchen
auf dem Schloss in Wustermark
ist ab morgen Weihnachtsmarkt.

Mandeln, Punsch und mancherlei
weihnachtliche Leckerei
gibt es dort, und obendrein
Zauberei und Gaukeleien.

Hockt nicht länger in den Stuben
kommt zum Markt, Mädchen und Buben.



Der Ausrufer hatte nicht zu viel versprochen.
Als Lubica am nächsten Tag mit Mila und Max im bunten Getümmel des Weihnachtsmarktes ankam,
zog gerade ein Zauberer ein Kaninchen aus seinem Zylinder.

Doch was war das?
Das Kaninchen war nicht weiß, wie die Kinder es von anderen Zaubervorführungen kannten,
sondern gestreift wie ein Zebra.



Ein Stück weiter ließ ein Jongleur gleich sieben bunte Kreisel tanzen
und hatte alle Hände voll zu tun, sie alle am Laufen zu halten.



Die Hauptattraktion des Weihnachtsmarktes war jedoch das Kasperltheater,
das besonders die kleine Mila anzog, wie ein Magnet.

"Schau doch nur", rief sie begeistert und knuffte Max in die Seite,
"der Kasper sieht genau aus wie meiner. Das sind bestimmt Zwillinge."



Max jedoch hatte sich schon wieder vom Theater abgewandt
und schaute einem schwarzen Hündchen zu, dem der Jongleur bunte Bälle zuwarf.
Der kleine Hund fing sie geschickt mit der Nase und stupste sie zurück zum Jongleur.
Dabei hopste das Hündchen manchmal mit allen vier Beinen gleichzeitig in die Luft
und sah aus, als hätte es riesigen Spaß an dem Spiel.



Bei all der Kurzweil war den Kindern die Zeit bis zum Weihnachtsfest nicht lang geworden.
Nun war der letzte Tag vor dem Fest angebrochen, und eine Aufgabe galt es noch zu erledigen.
Milas Vater Josh, der Fernfahrer war, kam von seiner letzten großen Tour in diesem Jahr nach Hause,
sammelte die Kinder ein und fuhr mit ihnen in den Wald, um einen recht schönen Weihnachtsbaum auszusuchen.

Diesen brachten sie noch am selben Abend zu Janka, wo Max dann voll Freude
seinem Vater Karel um den Hals fiel, der von großer Fahrt mit einem Hochseefrachter zurückgekommen war
und die nächsten sechs Wochen Heimaturlaub mit der Familie verbringen wollte.



Am Nachmittag des 24. Dezember war es dann endlich soweit.

Im Haus von Janka, Karel und Max hatte sich die gesamte Familie versammelt.
Lubica und Josh waren mit Mila gekommen und hatten allerhand Leckereien mitgebracht.
Oma und Opa, die nebenan wohnten, waren herüber gekommen.

Alle waren festlich gekleidet und freuten sich auf die Bescherung.
Nur Janka trug noch immer ihre Kittelschürze, die Haare
standen wild vom Kopf ab und die junge Frau wirkte völlig aufgelöst.

"Wartet", rief sie, "ihr könnt noch nicht ins Festzimmer, der Baum ist noch nicht fertig."

Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt breit, um hinein zu schlüpfen
und noch die letzten Handgriffe zu erledigen.

Doch Max und Mila drängten mit ihr in das Festzimmer.
Und dann stand Janka wie angewurzelt, denn der Baum, den sie eben noch schmücken wollte,
erstrahlte im festlichen Lichterglanz.

Darunter lagen bunt verpackt, unzählige Geschenke.

Nun drängten alle in den Raum und blieben ergriffen vor dem wunderschönen Weihnachtsbaum stehen.
Der Oma rollte sogar ein Tränchen der Rührung über die Wange.

Ganz still und unauffällig zog sich Janka in den Flur zurück, legte die bunte Kittelschürze ab,
unter der sie schon ihr Festtagskleid trug und bändigte die wilden Locken mit zwei silbernen Kämmen,
bevor sie ins Festzimmer zurückkehrte.

So groß das Staunen der Familie über den herrlichen Baum auch war,
Jankas Erstaunen war noch viel größer, denn sie konnte sich nicht erklären,
wer den Baum so wunderschön geschmückt hatte.

Sie war es jedenfalls nicht gewesen.

Wer weiß, vielleicht gab es den Nikolaus, den Weihnachtsmann und das Christkind ja doch.

 

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