Die Holzeisenbahn
Buck erzählt:
Mein erstes Weihnachtsgeschenk, an das ich mich noch lebhaft erinnere, war eine
Eisenbahn.
Die eingleisige Strecke war ein Oval, das an der einen Seite den Bahnhof,
auf der gegenüberliegenden Seite einen Tunnel hatte.
Gleich hinter der ersten Kurve gab es eine Schranke.
Ich wickelte das Paket ungeduldig am Heiligabend aus und förderte die
Einzelteile zutage,
die schnell zusammen gebaut waren.
Der Zug fuhr dermaßen überraschend ab, dass noch nicht einmal Zeit war,
einen Passagier in den zwei Waggons mitzunehmen.
Der Antrieb geschah wie oft in meinem späteren Leben mit dem Auto per Hand.
Ich schob, durch ein raues Schnaufen begleitet,
die Lok vorwärts und legte meinen Kopf auf Schwellenhöhe.
Nicht eingeplant war der Hund, der am Heiligen Abend so ziemlich alles durfte.
Er musste im Tunnel etwas vermutet haben, klemmte seine Schnauze hinein
und lief mit ihm in die Küche.
Die Tränen der Freude waren nicht einmal getrocknet, da folgten schon die
dicken,
die von einem Wutgeheul begleitet wurden.
Eine Unverschämtheit, diese Verkehrsgefährdung!
Beim schnellen Wiederaufbau des Tunnels war die Schranke geöffnet geblieben.
Zum Glück kam kein Auto!
Der leere Zug rollte vor dem Bahnhof aus ohne weitere Zwischenfälle.
Die zweite Fahrt, diesmal mit Passagieren, begann mit dem Schrei:
"Alles einsteigen, der Zug fährt sofort ab!".
Im Hintergrund beschäftigte sich die Familie mit ihren Geschenken und ließ mich
in Ruhe spielen.
Wieder blieb die Schranke offen, da der Schrankenwärter ein notorischer Penner
war.
Das bedauerliche Auto, das sich näherte, war eine der Weinbrandbohnen,
die vom Zug erfasst regelrecht zerquetscht wurde.
An der Unfallstelle roch es verdächtig nach Alkohol!
Der Hund hatte etwas gut zu machen und rauschte zur ersten Hilfe heran.
Nur dem Weinbrand war es zu verdanken, dass er nicht alle Insassen mit der Zunge
wieder belebte.
Was wäre eine Zugfahrt ohne Wetter?
Zur plötzlichen Verschlechterung trug eine Schneewolke bei,
die aus dem Fabrikat Weizenmehl Type 405 bestand.
Die Strecke wurde durch eine beachtliche Schneewehe blockiert,
in die der unwissende Lokführer ungebremst hinein fuhr.
Dabei entgleisten nur die Waggons und ließen die Passagiere allein zurück.
Die Lok fuhr pünktlich in den Bahnhof ein, wo das Desaster erst jetzt bemerkt
wurde.
Meine Mutter holte den Staubsauger,
Vater brachte vorsichtshalber das schlechte Wetter wieder in die Küche.
Es ist mir zwar nicht mehr bekannt, was ich mir an diesem Abend noch alles
erträumte.
Auf jeden Fall musste ich plötzlich ins Bett.
Am nächsten Morgen, vor allen anderen, war ich aber schon wieder am Gleis.
Das Wetter sollte n o c h schlechter werden!
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