Ein denkwürdiges Weihnachtsfest ...
... ErikaE erzählt:
Weihnachten 1949
Meine Großeltern waren im Oktober 1944 mit Pferd und Wagen
und ihren beiden Töchtern und dem 8- jährigen Enkel
aus Ostpreußen geflüchtet, die Söhne waren im Krieg.
Die Töchter und der Enkel gelangten in den Westen.
Die Großeltern kamen bis Pommern und mussten dann zu Fuß dorthin zurück,
wo sie hergekommen waren, bis an die Memel.
Im Herbst 1948 wurden sie von dort ausgewiesen und kamen in die sowjetische
Besatzungszone.
Meiner Tante gelang es im Frühjahr 1949 auf abenteuerliche Weise, die Eltern in
den Westen zu holen.
Nun, Weihnachten 1949, waren sie hier vereint:
Der Mann meiner Tante war bei Stalingrad verschollen,
ein Sohn der Großeltern war im Krieg gefallen,
der nächste hatte ein Bein verloren,
der jüngste Sohn war gerade aus der russischen Gefangenschaft zurück
und hatte erfahren, dass seine Frau in einem Lager gestorben war.
Und ich war dreieinhalb Jahre alt und der Weihnachtsmann hatte mir
eine Wanne und eine Puppe gebracht - die ich zwei Tage später
an eine Cousine weitergeben musste - und ich hatte Fieberbäckchen,
weil ich gerade Windpocken hatte.
Der reichgedeckte Gabentisch war z. T. dem ältesten Sohn der Familie zu
verdanken,
der war 1927 in die USA ausgewandert und er hatte ein Paket geschickt.
Aber erzählen will ich, warum meine Großmutter so erschrocken guckt:
Für Innenaufnahmen brauchte man damals ein Blitzlicht.
Das war ein Papierbeutel, in dem sich ein Pulver befand.
An diesem Beutel war unten ein langer Papierstreifen, oben waren zwei Bänder.
Mit diesen Bändern musste der Beutel an etwas gebunden werden,
das sich ziemlich weit oben im Zimmer befand.
In unserem Fall war es ein Besenstiel und der Besen lag oben auf dem
Küchenschrank.
Auf den Fußboden unter den Blitzbeutel wurde eine große Schüssel gestellt, die
mit Wasser gefüllt war.
Der Fotoapparat wurde auf einem Stativ festgemacht und eingestellt,
die Familien wurde gruppiert, dann musste jemand den Papierstreifen anzünden
und sich schnell wieder auf seinen Platz setzen.
Es ist meine Mutter gewesen die so sprungbereit links im Bild sitzt.
Die Flamme fraß sich den Papierstreifen empor und als der Beutel erreicht war,
explodierte das Pulver mit einem lauten Knall und einem hellen Blitz.
(Auf späteren Fotos halte ich mir oft die Ohren zu.)
Der Rest des brennenden Beutels fiel in die Wasserschüssel und dann war das Foto
im Kasten.
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