Weihnachten 1958
Gerlinde aus Sachsen (Gerlinde H.) erzählt:
Das sind meine jüngere Schwester und ich zu Weihnachten – vermutlich 1958 –
wir sind da zu einem kleinen Krippenspiel (am Nachmittag des 1. Feiertages) als
Engel aufgetreten.
Wieder daheim, hat Vater seine kleinen Mädchen (ich war gerade sechs Jahre alt
geworden,
mein Schwesterlein ist 4 Jahre alt) für ein Foto vor den Weihnachtsberg
gestellt.
Am Heiligen Abend sind wir alle gemeinsam zum Gottesdienst gegangen – meistens
16 oder 17 Uhr.
Anschließend gab es daheim Abendessen – die Großtante und der Großvater,
die auch im Haus lebten, kamen mit zu uns in die Wohnküche.
Mutter hatte alle Hände voll zu tun, denn damals konnten wir ja noch nicht
wirklich helfen.
Es gab meistens Kartoffeln, Linsen, Bratwurst und Sauerkraut – und danach
wurde der erste Weihnachtsstollen angeschnitten!
Während sich die Großen unterhielten und nebenbei Kaffee tranken,
war es für uns Zeit, ins Bett zu gehen.
Heilig Abend ging das ganz ohne Murren!
Wir wussten doch: wenn das Christkind käme und wir noch am Tisch säßen, würde es
weitergehen ...
Und man konnte ja nie wissen, ob es dann Zeit hätte,
ein zweites Mal den weiten Weg durch Schnee und Eis im Erzgebirge zu gehen!
Wenn wir im Bett waren, war für die Eltern "Arbeitsprogramm" angesagt:
Die Küche umräumen, damit für die nächste Zeit der Weihnachtsbaum Platz hatte,
den Baum aufstellen und schmücken.
Wir Mädels waren schon im Normalfall Frühaufsteher – am 1. Feiertag erst recht!
Ich weiß nicht, ob unsre Eltern jemals in der Nacht zum 1. Feiertag geschlafen
haben!
Ich erinnere mich, dass in manchen Jahren die große Spieldose "O du
fröhliche..." gespielt hat,
während wir andächtig zur Krippe gingen; später haben wir meistens gemeinsam
"Ihr Kinderlein kommet" gesungen.
Der Weg von der Wohnungstür zur Krippe – das war immer ein besonderer Weg!
Ich tauchte regelrecht ein in die Landschaft,
die der Vater ein paar Tage vorher schon aufgebaut hatte – aber die nun lebte:
Da waren die Hirten bei den Herden, hinter ihnen die "Felsbrocken" aus Rinde
und über ihnen schwebte der große Verkündigungsengel und die kleinen Engel.
Einige Hirten waren schon auf dem Weg zum Stall – dort saß
Maria mit dem Jesuskind und der Josef gab auf die beiden acht.
Von der anderen Seite bewegten sich die Könige auf die junge Familie zu.
Dass da außerdem die Waldtiere des Erzgebirges zu sehen waren
und in der Höhle die Zwerge arbeiteten – das war erst viiiieeel später
interessant!
Wenn das Lied vorbei war, haben wir uns umgesehen,
ob das Christkind Geschenke abgegeben hatte.
Es waren nie große Geschenke, oft selbst gearbeitet durch die Eltern oder den
Großvater.
Manchmal gab es kleine Spiele, die wir zu zweit oder viert spielen konnten:
"Schwarzer Peter" war beliebt oder "Mensch, ärgere dich nicht".
Und Bücher bekamen wir!!
Eine Weile konnten wir spielen, bevor wir gemeinsam zum Festgottesdienst am 1.
Feiertag gingen.
Schließlich sang da der Chor – und die Eltern sangen im Chor mit.
Am zweiten Feiertag ging es oft zu Verwandten im Dorf
oder zu Tante und Onkel im Nachbarort,
das waren herrliche Wege durchs verschneite Erzgebirge.
Damals gab es selten ein Weihnachtsfest ohne Schnee!
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