Weihnachten 1943
Funny erzählt:
Bei einem gemütlichen Abendessen habe ich neulich meine Eltern gefragt,
welche besonderen Weihnachtserinnerungen sie haben.
Es war erschütternd, ich habe eine Geschichte gehört,
die mein Vater und meine Mutter so noch nie zuvor erzählt haben ...
Mein Vater ist 82 Jahre alt, er berichtete von 1943, sie waren
als Flüchtlinge in Österreich in ganz einfachen Holzhütten untergebracht.
Der Boden bestand aus Holzdielen direkt auf blanker Erde.
Der Frost und die Kälte krochen in jede Ritze und die Strohsäcke,
die der Familie als Bettdecken dienten, waren morgens mit Rauhreif bzw.
Eiskristallen bedeckt.
Der Hunger war ihr täglicher Begleiter, mit dem sie abends einschliefen und
morgens aufwachten.
Mein Vater bekam damals zu Weihnachten eine leere,
sauber polierte, nach Schuhcreme duftende Erdal-Schuhcremedose
von meiner Oma, seiner Mutter, geschenkt.
Sie wurde später zu seiner Schatzdose, in der ein Mäuseschädelknochen,
ein gefundener Glitzerstein, ein alter verrosteter Schlüssel
und eine besonders schöne Feder Platz finden sollten.
Am Weihnachtsabend gingen die älteren Brüder in den Wald
und schlugen (verbotenerweise) eine kleine Tanne.
Es gab eine dünne Brotsuppe und es wurde gesungen und eine
selbstgezogene Bienenwachskerze (ein ganz besonderer Schatz) angezündet.
Der älteste Bruder meines Vaters hatte auf der Flucht seine Zieharmonika
mitnehmen und retten können,
mit der er die Weihnachtslieder begleitete.
Mit der Zieharmonika konnte er dann später auch der Familie helfen,
indem er sich durch Musizieren auf Dorffesten etc. etwas verdienen konnte.
Mein Vater erzählte an diesem Abend noch viele andere Geschichten aus der Zeit
von damals.
Ich saß schweigend, demütig und mit Tränen in den Augen dabei ...
... was diese Generation erlebt hat ist einfach unvorstellbar.
Und doch ... Das Weihnachtsfest wurde auch damals trotzdem ... oder gerade
deswegen gefeiert.
Zwar klein und karg, aber in der Erinnerung meines Vaters deswegen nicht minder
schön.
Man hat versucht mit ganzem Herzen und dem was man hatte und entbehren konnte,
in diesen Zeiten mit den einfachsten Mitteln, trotz aller widrigen Umstände
das Fest zu begehen und etwas Licht in die dunklen Zeiten zu bringen.
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