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Burkhard Jysch schreibt spontane kleine Geschichten, in denen vorgegebene Zufallswörter drin vorkommen sollen. Tatsache Zeugnis Fluss Die Zeit der Zuckertüte. "Stellt euch mal alle auf die Treppe, die Mamas dahinter." Das mittlerweile verblasste Bild mit dem Zackenrand zeigt eine Ansammlung von kleinen und großen Menschen, die in die Sonne blinzeln und ihre Tüten festhalten, die fast so groß sind wie sie selbst. Tatsache ist, das Bild ist aus den Fünfzigern. Ich staune schon gar nicht mehr über die vergangene Zeit, weiß aber noch, dass es anfangs ein schönes Zeugnis gab, später wurden sie etwas ausführlicher, und die Tüte war längst leer gefuttert. Die Schulzeit ist mir in guter Erinnerung, die dunkleren Momente werden ausgeblendet, die helleren etwas überbelichtet. Zu meinen Wünschen bei verbesserten Zensuren gehörte eine Fahrt im Kanu auf einem kleinen Nebenarm der Weser. Fluss wäre zu viel, Bach zu wenig. Über die Fahrt selbst mag ich nur noch so viel berichten, dass wir die meiste Zeit entweder vorn oder hinten im Gebüsch steckten und später alles mit der Strömung erklärten. Sie war einfach sehr stark ... Meister Gartenlaube Müllabfuhr Er war Alleskönner, hatte sich eine Frau gesucht und sie geheiratet, und wenn er gefragt wurde, ob es ihm hier gefallen würde, nickte er stets kräftig mit dem Kopf und erzählte den Leuten von seiner Gartenlaube, in deren hinterer Ecke er ein kleines Gewächshaus mit selbst gezogenen Tomaten hütete, als wären es seine eigenen Kinder. Als tägliche Arbeit war er bekannt als Meister, der es verstand eine Heizung wieder in Schwung zu bringen, die Hecken um den Wohnblock zu schneiden, und für die Müllabfuhr jene drei Tonnen mit den unterschiedlichen Farben zu füllen mit den Sachen, die dort hinein gehörten. Aus seiner Erfahrung und aus einem offenen Herzen wusste er, dass Glück kein Einzelkind ist, sondern Junge bekommt, wenn man mehr gibt als nimmt, mehr gönnt als es für sich zu behalten. Und wenn er dann einmal eine seiner kleinen Tomaten verschenkte, dann wurde man davon zwar nicht satt, aber geschmeckt haben sie wie einst. Tinte Stewardess Dingsbums Eigentlich war es kein Geheimnis, dass sich ein Bild verändert, wenn man auf ein mit Wasser getränktes saugfähiges Papier zuerst einen Tropfen Tinte, und dann ein paar Krümel Salz streut. Ein Tipp im Internet wollte es aber, dass sie damit begann zu experimentieren. Wolken, die sie in ihrer langjährigen Berufslaufbahn als Stewardess schon oft durch einen Blick durchs Fenster sehen konnte, bildeten sich wie durch Zauberei. Von oben sahen sie befreit aus. Das galt auch der Vorstellung über ihren Beruf vor der Laufbahn und der Alltäglichkeit, die sie im engen Gang unterhalb des weiten Himmels erleben musste. Die Romantik längerer Aufenthalte zwischen den einzelnen Flügen, eine Stadtbesichtigung, oder eine Begegnung mit Einheimischen waren nahezu ausgeschlossen. Sie musste sich auch mit schwierigen Gästen herumschlagen und lächeln, obwohl ihr alles andere danach war. Bei Flügen zum Beispiel auf die Balearen traten manche Gruppenhäuptlinge durch Sprüche auf wie diesen: "Hast Du in deinem Dingsbums mal eine große Flasche Bacardi, Cola haben wir schon zur Verdünnung?!" Wolkenmalerei setzte sie dem Stress entgegen. Wolken, die sich von selbst bildeten. Direkt vor ihr auf dem Papier mit Wasser, aus denen sie bestanden. |