Wir wachen, wie jeden Tag, mit unseren Vogerln auf. Ich hab gestern abend vergessen, die Vorhänge zuzuziehen.

Und jetzt seh ich von meinem Bett aus direkt in eine andere Kabine, vom Schiff, das an unserer Rousse festgemacht hat. Aufgeschlagenes Bett ... was haben die Bewohner wohl vorhin von uns gedacht? Die nächste Nacht werden die Vorhänge zugezogen, das erste Mal auf der Reise, dass wir "Nachbarn" haben, und die sind wirklich nah. Wenn beide Fenster auf sind, kann man sich die Hand geben.

Heute müssen wir schnell frühstücken, denn wir haben viel vor. Es gibt einen Ausflug nach Schönbrunn, und einen in den Wiener Wald. Aber wir wollen auf eigene Faust die Stadt erkunden. Auch wenn wir dann wahrscheinlich weniger Sehenswürdigkeiten entdecken. Aber für Museum, Ausstellung oder ähnliches ist sowieso keine Zeit.

Also, Rucksack gepackt, Pflaster, eine Flasche Wasser für alle Fälle, Regenjacke (ja, es ist trüb heute), Geldbeutel, den werden wir heute brauchen. Zum Mittagessen haben wir uns abgemeldet.

Wir fahren wieder mit der U-Bahn, wollen erst mal den Stephansdom besichtigen.



Nur anschaun, ohne Führung. Und dann steht da ein junger Student, der uns fragt, ob er uns die Katakomben zeigen darf. Jaaaa, warum nicht. Wir warten noch ein paar Minuten, es kommt niemand mehr. Er verkauft uns ein Ticket für 4,50€ pro Person. Ja, es ist schon ein wenig unheimlich, die ausgetretenen Stufen hinunter zu steigen. Ich glaube den Geruch von nassem Boden bekomm ich nie wieder aus der Nase. Ein wenig morbide, ein klein bissl gruslig, vor allem die Schädelkammern (ich glaub so hieß das). Leider hab ich darüber nix in meinem Reisetagebuch geschrieben, hab nur noch die Eintrittstickets. Und die Erinnerung an eine spannende einstündige Zeitreise.

Wieder an der frischen Luft, direkt vor dem Stephansdom, stehen die Fiaker. Pferdefreunde sind wir keine. Und seit ein Pferd uns mal ins Auto gerannt ist, hat mein Mann einen Horror vor den Tieren. Und dann tritt er mit vollem Fuß in eine große Pfütze Pferdepipi ... tja, gut, dass es zu regnen anfängt.



Ganz planlos gehen wir durch die Fußgängerzone. Es ist wenig los. Kärnter Straße, Schaufensterbummel, logisch. Graben, die Pestsäule fotografieren, klar. Dann finden wir eine Kirche.



St. Peter, wunderschön innen, ganz unscheinbar aussen. Genau das ist es, was uns an einem Stadtbummel gefällt. Sich treiben lassen. Einfach sehen, wohin die Füße tragen.

Und der Hunger uns treibt. Wiener Schnitzel, aus Kalbfleisch, muss sein. Aber nicht direkt in der Fußgängerzone. Wir gehen ein paar Straßen weiter und finden ein Lokal, das uns gefällt.



Der Ober hilft uns aus den nassen Regenjacken, als wären es Pelzmäntel. Geleitet uns zum Platz, richtet mir den Stuhl. Genau so stell ich mir Wien vor. Natürlich, Wiener Schnitzel, mit einer Panade, so luftig leicht, das Schnitzel drunter hauchdünn und so zart, dass es ein zahnloser essen könnte. Dazu einen Kartoffelsalat mit Gurken. Ein Gösserbier dazu. Und zur Nachspeis einen "kleinen Schwarzen", haben wir gelernt. Das war richtig gut. Und richtig teuer. Was solls ...

Nach dem Mittagessen wollten wir eigentlich noch was Süßes, aber beim Sacher ist alles voll, da hätten wir im Regen warten müssen. Und eigentlich geht ja gar nix in den Magen. Und eigentlich sollten wir langsam einen U-Bahnhof suchen. Heute Abend haben wir noch was vor.

Wir schlendern noch ein Stück Richtung Stephansdom, da sind wir hergekommen. U-Bahnfahren ist schön in Wien. Vielleicht auch, weils Nachmittag ist und noch nicht so voll wie im Berufsverkehr. Vielleicht auch, weil wir in Urlaubslaune sind. Wir steigen am Handelskai aus, so heißt der Hafen, und suchen wieder mal unser Schiff. Schon wieder wurden wir umgeparkt, aber unsere Reiseleiterin steht schon parat, diesmal müssen wir wieder durch ein Schiff durch.

Jetzt wird’s Zeit, sich zum Abendessen fertig zu machen, das ist heute sehr früh. Denn danach geht’s ins Konzert zum "Wiener Residenzorchester". Darauf freu ich mich schon den ganzen Tag. Und dafür hab ich mich vor zwei Tagen auch in der Meute angestellt, um die Karten zu ergattern.

In Gala gehen wir heute also zum Essen, denn um 19.30 Uhr holt der Bus uns ab. 25 festlich gekleidete, musikalisch begeisterte Menschen sitzen im Bus. Wir hören jetzt schon wunderschöne Walzermusik. Das Konzert ist klein, familiär, es sind vielleicht 250 Menschen, die in den Saal passen. Eine schöne intime Veranstaltung, mit Sekt in der Pause.

Und dann holt uns der Bus direkt vorm Theater ab. Fährt uns zurück direkt fast vors Schiff. Ich summe noch immer die schwungvollen Melodien. Ein Ballettpaar hat getanzt, ein junges Paar hat gesungen ... was genau, weiß ich nicht mehr. Aber ich weiß, dass es ein wunderschöner Abend, nein, ein wunderschöner Tag in Wien war.

Beseelt gehen wir an Bord. In der Panoramabar spielt der Alleinunterhalter noch. Die Singles sind fleissig am tanzen. Und wir beide genießen noch einen Cocktail zum einschlafen.

Wien war so schön. Beim ins Bett gehen bemerken wir, dass wir schon wieder unterwegs sind. Gute Nacht. Bis morgen in Dürnstein.