Vaters große Reise 1944
Folge 12
Gerlinde schreibt dazu:
Wahrscheinlich sind die Pakete, von denen mein Vater am 3.9. schreibt,
bereits daheim im Erzgebirge angekommen, aber noch wissen die Eltern nicht,
wohin der Sohn abkommandiert wurde.
Selbst am 19.9. - 16 Tage nach dem Versand der Pakete - darf er
noch nicht schreiben, wo er jetzt stationiert ist.
Es brennt ihm unter den Nägeln, all die Neuigkeiten,
die er inzwischen erlebt hat, mitzuteilen.
Also sortiert er, was er schreiben darf - er steht wieder auf Wache.
Ach ja, für den technisch begeisterten jungen Mann
ist es ein tolles Ereignis, die V1 zu erleben.
Noch ist "Ausbildungszeit" für ihn?
Sonst schriebe er ja nicht, dass sie noch nicht im Fronteinsatz sind.
Und dann fällt ihm ein, von "seinem" Oberleutnant zu berichten ...
Endlich, am 21.9.44, darf er berichten, dass sie in Porz stationiert sind.
Die Trauer über den nicht erfolgten Heimatbesuch wird in die hinterste Ecke verdrängt
und es folgt der begeisterte Bericht eines 19jährigen,
wie es ihm in diesem offenbar schönen Städtchen ergeht.
Nein, es ist nicht alles super - aber er findet für sich immer wieder Momente,
die ihm gut tun oder wo er etwas Neues erleben und lernen kann.
Mindestens 20 Tage gab es keine Post für ihn,
wussten die Eltern und Schwestern nicht, wo er sich befindet!
Die Sehnsucht nach der Heimat bleibt bestehen - warum sonst würde er
sich so über den "Kombi-Brief" seiner Schwestern und die Karte
eines guten Freundes gefreut haben?
Es ist immer noch Schulbetrieb?
Andererseits gibt es "wieder" Fliegerangriffe zu erleben!
Ich denke, es ist eine augenblickliche Beruhigung und ständige Hoffnung für die Eltern,
wenn sie lesen, dass er "alles gut überstanden" hat.
Und es bleibt für sie immer die bange Frage:
Stimmt das noch, wenn WIR diese Post lesen?
Übrigens "Vaters Trockenraum" – das ist ein Bereich in der Weberei,
in der mein Großvater gearbeitet und auch mein Vater gelernt hat.
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