Mit wachen Augen durchstreife ich Straßen und Gassen,
nicht als bloße Passantin,
sondern als suchende Beobachterin.

Mich fasziniert, was andere übersehen –
die vergänglichen Spuren,
die jemand mutig, heimlich, vielleicht trotzig
an eine Wand geschrieben hat.
Bilder, die Geschichten erzählen,
ohne ein einziges Wort.

In der Streetart finde ich eine Sprache,
die roh und ehrlich ist –
wie ein Aufschrei in Farbe,
ein Lächeln in Schablonentechnik,
ein Protest, der sich hinter Ironie versteckt.

Meine Kamera ist mein Notizbuch.
Ich sammle Augenblicke,
halte fest, was schon morgen verschwunden sein kann.
Manchmal frage ich mich:
Wer war der Mensch, der dieses Werk hinterlassen hat?
Was wollte er sagen –
und an wen?



In dieser Suche nach Zeichen und Stimmen
fühle ich mich verbunden –
mit dem Unbekannten, dem Ungesehenen,
und vielleicht auch mit meinem eigenen Inneren.

Streetart ist für mich mehr als Farbe auf Beton.
Sie ist Spiegel, Zeitzeuge und manchmal auch Trost.
Und mit jedem Foto bringe ich ein Stück dieser flüchtigen Poesie
in mein eigenes Erleben zurück.

[ Anne Seltmann ]