Pia

Webseite: Schweschder

 
wohnt in Nierstein
Samen für den Garten

Kamera

 
7.6.

Ich muss leider bekanntgeben, dass das Pflänzchen aus dem Luxuspott von uns gefressen wurde.

Nachdem es zwei prächtige Blätter neben den Keimblättern entwickelt hatte und ich gerade ein entzückendes Plätzchen im Garten freigeschaufelt hatte, hielt ich die Zeit für eine Auswilderung für gekommen.

Mit äusserster Vorsicht hob ich das Pflänzchen aus seinem Pott, löste behutsam die winzigen Wurzeln vom Topfrand und schob den Ballen in das ausgehobene Loch. Sonnenwarme Erde, die Gesellschaft von blühenden Erbsen und Lilien und angewärmtes Gießwasser - ich fuhr die gesamte Palette auf, um dem verwöhnten Pflänzchen die Freiheit schmackhaft zu machen. Ein Gute-Nacht-Gruß und ein letzter Blick, ich ging ins Haus, es wurde dunkel.

Hätte ich gewusst, dass mein letzter Blick tatsächlich der letzte sein würde, ich hätte wenigstens noch ein Bild gemacht, sogar mit Blitz.

Denn als ich am nächsten Morgen mit gezückter Kamera in den Garten ging, war da - nichts. Nun, eine glitzernde Spur verriet mir, warum da nichts war. Mit Stumpf und Stiel aufgefressen, das Pflänzchen aus dem Luxuspott. Mögest du heftigstes Bauchgrummeln kriegen, du elende Schnecke!

Auch um die freigesäten Pflänzchen steht es nicht gut. Noch widerstehen sie den Attacken, allerdings wirken sie von Tag zu Tag zerrupfter. Ein Bild des Elends gibt es heute nicht, ich warte noch zwei, drei Tage ab.

Nach all diesen Schicksalschlägen tut es richtig gut, einen Blick auf die Terrasse zu werfen. Den im bewachten Pott wächst es munter vor sich hin. Besonders angetan hat es mir die zarte Rotfärbung der Blattunterseiten!

Diese vier Pflänzchen werde ich nun wie meinen letzten funktionierenden Augapfel hüten, mit den bösen Schnecken werde ich sie erst konfrontieren, wenn sie mindestens zehn Zentimeter hoch sind. (dann haben sie ein reele Chance oder ich habe es geschafft, alle Schnecken aus dem Garten zu sammeln - ich tippe auf Ersteres)

30.5.

Von Donnerstag bis Sonntag letzter Woche legte ich das SeeSam-Experiment vertrauensvoll in die Hände meiner Freundin, denn mich zog es samt Familie in die Vogesen.

Meine Freundin versicherte mir, dass sie zwei wunderbar grüne Daumen habe, zweimal täglich wegen der erwarteten Hitze zum Gießen käme und sämtliche gefrässigen Schnecken in den Nachbargarten werfen würde. Ich konnte beruhigt fahren.

Als ich gestern wieder nach Hause kam, lag auf dem Küchentisch ein Brief für mich: (...) Bohnen und den Fragezeichen-Topf habe ich aus dem Gewächshaus genommen, weil es dort zu heiß wurde. Alles wächst und sprießt. Nur die Schnecken ... die habe ich nicht erwischt. (...)

Mein Kontrollgang zeigte, dass der ehemalige Luxuspott aus dem Gewächshaus neben den Keimblättern tatsächlich schon kleine "echte Blätter" entpackt - und ich habe eine leise Ahnung, was mir da blühen wird :-)

 

Im Garten wird - erwartungsgemäß - gefaulenzt. Und trotzdem: an der sonnigen Stelle lunsen die Keimblätter aus der Erde!



Wenn man ganz genau hinsieht, dann entdeckt man, dass eine gefräßige Schnecke gekostet hat. Blöde Viecher, blöde.

Noch ärger hat es den Keimling im Halbschatten, den im Bett meines großen Kindes, erwischt:



Ich hoffe, dass er schneller wächst, als Schnecken fressen können.

Auf der Terrasse, unter dem verblühten Flieder, im bewachten Töpfchen ... recken sich gleich drei Keimlinge nach oben. In spätestens zwei Wochen müssen sie in ein größeres Gefäß oder in den Garten umziehen, dann rücken sie sich zu sehr auf die Pelle.



Das nächste update kommt, sofern nicht etwas völlig Unvorhergesehenes, Dramatisches geschieht, nächste Woche. Bis dahin werde ich gießen, gut zureden und wilde Feinde in die Flucht jagen. Und meinen Kindern allerstrengstens das Fußball spielen im Blumenbeet verbieten. Letzteres aus gegebenem Anlaß :-)

24.5.

Das Luxuspöttchen, das im Anzuchtgewächshaus, zeigt eine neugierige, grüne Spitze. Beim Versuch sie zu knippsen, versteckte sie sich aber schnell wieder unter einer Erdkrume. (Oder habe ich etwa ungeschickt am Topf gerüttelt?!).

Im Freilandversuch tut sich noch nix, allerdings habe ich schon drei gefräßige Nacktschnecken um die Pflanzstelle schleichen sehen. Wahrscheinlich hat mir meine Phantasie da einen Streich gespielt, aber ich sah sie sabbern.

Im Terrassenpöttchen tut sich auch nichts, aber dafür haben die Samen Besuch bekommen - jetzt KANN nichts mehr schief gehen.

Mit leisem Neid las ich die gestrigen Kommentare im Kalenderblatt: "Samen angekommen!", "Die Post war da!"
Mein Briefkasten blieb, bis auf eine Telefonrechnung, leer.
Die Optimistin in mir sprach: Halt den Ball flach, der hat dich nicht vergessen. Die Post ist eben langsam, Nierstein ist klein und du wohnst auf dem Berg. Morgen ist auch was für DICH im Briefkasten.

Kurz nach 12 Uhr schob die Briefträgerin ihre schwere Karre den Berg hoch und ich dachte: Hilf ihr doch ein bißchen, nimm ihr die schwere Post, die sowieso, garantiert, hoffentlich für mich ist, ab.

Und so stürmte ich die Treppe hinunter, riss die Haustür auf und sprang auf die Straße. Genau vor das Vorderrad eines Fahrrades, das gerade eben den Berg runter sauste. Bremsen quietschten, ein erschrockener Blick. Und gleich nochmal hinschauen, die KENNE ich doch?!

Die Frau, der ich fast ins Rad gerast wäre, war nämlich die blonde Tina aus Mainz. Jene Tina, die ich in Mannheim an ihrer Lektüre erkannt hatte, mit der ich viele Worte während des Treffens und noch mehr Worte NACH dem Treffen in Mannheim am Bahnhof und im Zug gewechselt hatte.

Jetzt stand sie da einfach, mit einem nahezu antiken Fahrrad und behauptete, dass sie nicht zufällig hier stünde, sondern in ihrer besonderen Mission unterwegs sei. Sie sei der persönliche Samenbote eines gewissen Engelbert S.

Vorsichtig ausgedrückt: mir fiel das Gesicht in Scheiben.

Von einem Poststreik war mir nichts zu Ohren gekommen, die Postkutschenräuber gelten als ausgestorben ... warum also ein Fahrradkurier, um ein Briefchen zu überreichen? Nun ja, der Engelbert will wohl Porto sparen!

Mit diesem schlauen Gedanken kam die Kontrolle über mein Gesicht zurück und ich bat Tina in unsere Gerümpel- eigentlich Kelterhalle. Dann schleifte ich Tina hoch in unser Häuschen und kurz darauf auch in das, was ich sehr beschönigend umschrieben, als unseren Garten bezeichne. In ehrlicheren Minuten sage ich einfach: die Wildnis.

Ja, und dieser geheimnisvolle Brief. Ganz so vorsichtig hatte ich ihn nicht geöffnet, denn ich hatte schon von aussen gefühlt, dass meine Samen nicht gerade winzig waren. Dafür aber perfekt eingepackt!
 

Es war spannend. Nach der Küchenkreppschicht kam bedrucktes Papier. Mich befiel leichte Panik, als mir die Worte "Beschäftigungsverhältnis" und "Restansprüchen" ins Auge fielen.
 

Doch glücklicherweise wendete ich den Zettel und erkannte a) dass es ebenso sparsame Zettel-Wiedervewender wie mich gibt und b) dass die handschriftliche Mitteilung die eigentlich Botschaft enthielt. Und ich entdeckte zehn braun-schwarze Samenkörner. Sie sahen aus wie verschrumpelte, winzige Zitronen, waren absolut geruchslos uns wie sie schmecken weiß ich nicht, ich war noch satt von der Pizza.
 

Nun aber ab in die Erde mit den Kleinen. Leider gibt es in diesem Jahr eine rege Schneckenpopulation, die sich auf jeden zarten, jungen Trieb (so er nicht zu den eigentlich ungewollten Wildkräutern gehört) stürzen und ihn binnen Sekunden inhalieren. Deshalb müssen Pflanzen für den Garten erst eine gewisse Größe haben, damit sie eine Chance gegen die Schnecken haben. Deshalb also Vorzucht. Vier Körnchen landeten auf der Terrassenmauer, in kräutriger Gesellschaft fühlen sie sich vielleicht wohl?
 

Zwei weiteren Körnchen gönne ich den absoluten Luxus in feuchtwarmem Klima. Sie dürfen in Gesellschaft von Bohnen und Physallis das Licht der Welt - oder in diesem Fall des Anzucht-Gewächshauses, erblicken.
 

Die restlichen vier Körnchen erschienen mir dann doch risikofreudig, so dass ich zwei von ihnen der bisher von Schnecken verschonten Sonnenblume als Gesellschaft gab:
 

Dass älteste Kind meldete Samenmangel und so landeten die letzten beiden Körner in seinem Beet, zwischen Mohn und Erdbeeren.
 

Der Große schoss im Übrigen auch das Beweisbild "Pia steckt Samen in die Erde". (den entzückenden, verschwommenen Effekt erzielt der professionelle Photograph, in dem er mit ungewaschenen Pizzafingern auf der Linse rumtappt).