Als ich ein kleines
Mädchen von 6 Jahren und meine Mutter Witwe war, wurden wir alljährlich
am Heiligen Abend zu ihrer besten Freundin eingeladen. Ich war aufgeregt
und in fröhlicher Erwartung schlug mir das Herz höher, denn in dieser
Familie gab es 9 (!) Kinder - und ich wusste: Das wird lustig!
An einen besonderen Heilig Abend erinnere ich mich genau: Wir stiefelten
durch unsere kleine Stadt bis an den Rand, wo die Einfamilienhäuser
standen. Wir wurden schon erwartet von Eva, die älteste Tochter mit 14
Jahren, Erna war 12, Wolfgang 10, Achim 8 usw.usw. ... Ernstchen mit 5
war der jüngste - und jedes Kind hatte ein Gedicht gelernt, um es unter
dem Weihnachtsbaum aufzusagen.
Alle 8 hatten es schon geschafft - nun war Ernstchen an der Reihe.
Rundherum sassen wir verteilt auf Sofas, Sesseln, Stühlen und lauschten:
Ernstchen begann "In der Nacht vor dem Heiligen Abend - da liegen die
Kinder im Traum ..." ...
... abrupt wurde er von seiner Mutter unterbrochen mit den Worten
"Ernstchen, was dampft denn da???!"
Klammheimlich hatte sich Ernstchen vor seinem Auftritt in der Küche eine
der Gänsekeulen stiebitzt, hielt sie hinter seinem Rücken, während er
sein Gedicht begann.
Es begann ein fröhliches Gelächter - schliesslich war Weihnachten und
Ernstchen kam ohne Strafe davon. |